Bundesaußenminister Wadephul in China
"Wir müssen in Deutschland und Europa deutlich besser werden"

10. Dezember 2025

„Wenn wir nicht den Anschluss verlieren wollen, müssen wir in Deutschland und Europa deutlich besser werden“, so zog Bundesaußenminister Johann Wadephul kurz vor seinem Rückflug Bilanz seiner Chinareise. Zuvor hatte er in der 16-Millionen-Stadt Guangzhou eine Runde in einem selbstfahrenden Minibus gedreht. In den Hochhausschluchten der Industriemetropole ziehen nicht nur fahrerlose Busse und Taxis, sondern auch autonome Straßenreinigungsfahrzeuge leise ihre Bahnen. Zwar betreibe auch Deutschland Spitzenforschung, sagte Wadephul im „ZDF“, „aber wir schaffen es nicht immer, daraus auch praktische Lösungen zu entwickeln“.

Nach seinen Treffen mit mehreren Regierungsvertretern in Peking sprach Wadephul von „offenen und intensiven Gesprächen“, die aber auch gut und konstruktiv gewesen seien. „Gerade bei den Themen, auf die wir unterschiedlich blicken, bringt uns nur ein konstruktiver und stetiger Austausch weiter“, so Wadephul. „Und dazu haben wir uns heute klar verabredet.“

Doch bei der Chinareise ging es nicht nur um die bilateralen Beziehungen. Die Welt steht vor einem dramatischen Zeitenwandel. Die USA bedrohen nicht nur den globalen Freihandel, sondern direkt das demokratische System Deutschlands. Frankreich Präsident Macron drohte China mit weiteren Zöllen, eine Drohung, die sich direkt gegen das deutsche Exportmodell richtet und zeigt, wie schwierig es ist, ein einheitliches Auftreten der EU zu erzeugen. Innenpolitisch wirkt die deutsche Politik zudem alles andere als stabil. Dies alles angesichts stark zunehmender globaler Krisen und des Klimawandels.

Sicherung der Lieferketten

Die turbulenten weltpolitischen Zeiten erfordern schnelle Problemlösungen, wie bei der Sicherung der Lieferketten. Entgegenkommen habe die chinesische Führung bei der Versorgung Deutschlands und Europas mit seltenen Erden signalisiert, zeigte sich Wadephul zufrieden. China habe Zentrallizenzen für den bedeutsamen Rohstoff für deutsche und europäische Unternehmen angeboten. Die Unternehmen sollten sich nun dafür bewerben. „China hat versichert, dass man sehr konstruktiv an die Prüfung dieser Anträge herangehen wird.“ Es gebe keinerlei Bestrebungen, gerade deutsche Unternehmen noch weiter zu belasten. Seltene Erden werden etwa für den Bau von Batterien für die Elektromobilität benötigt, China hält bei dem Rohstoff global eine dominante Stellung.

Wadephul und China setzt auf Freihandel und internationale Institutionen

Bei der eintägigen Stippvisite in Peking konnte der deutsche Außenminister diesmal eine Reihe hochrangiger chinesischer Politiker treffen. Am Montag traf Wadephul den chinesischen Handelsminister Wang Wentao. „Sie sind für uns wichtigster Handelspartner, und daran möchten wir festhalten, das möchten wir ausbauen“, sagte der Außenminister bei dem Treffen. Deutschland sei kein Freund von Protektionismus. „Wir sind für freien Welthandel. Wir sind für den Abbau von Handelsbarrieren“, ergänzte er. Und die Bundesregierung sei „auch dafür, dass man einen klaren Blick darauf behält, dass nicht ein indirekter Einfluss des Staates zu Wettbewerbsungleichgewichten führt“.

Die konstruktive Atmosphäre und Suche nach Gemeinsamkeiten wurden auch beim Treffen mit dem chinesischen Vizepräsidenten Han Zheng am Vormittag deutlich. Wadephul sprach von einer „Ehre“, von dem engen Vertrauten von Xi Jinping empfangen zu werden. Zudem stellte er gemeinsame Interessen heraus, sprach über eine Reformierung der Welthandelsorganisation WTO, den Kampf gegen den Klimawandel und darüber, dass China und Deutschland gemeinsam etwas zur Lösung von Konflikten beitragen könnten.

Auch beim Thema chinesischer Überkapazitäten etwa bei Stahl und E-Autos habe er den Eindruck, gehört worden zu sein, sagte der Außenminister vor Journalisten. Mit Blick auf mögliche Schutzzölle der EU auf chinesische Produkte, wie sie etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angedroht hat, zeigte sich Wadephul zurückhaltend. Er sei „skeptisch, dass mehr Zölle“ helfen. „Denn wenn man sich in so einen Kreislauf hineinbegibt, dann gibt es meistens einen Pingpong-Effekt oder eine Spirale mit weiteren Gegenreaktionen und das schadet dem freien Handel.“ Zölle müssten „Ultima Ratio“ bleiben.

Der CDU-Politiker jedenfalls zeigte sich optimistisch. Kein Wunder, immerhin hat die chinesische Seite der Bundesregierung am Montag auch viel Wertschätzung gezeigt. Allein der chinesische Außenminister Wang Yi nahm sich am Abend zweieinhalb Stunden Zeit, ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen und ein Mehrgänge-Menü inklusive, berichtete „t-online“.

Bei all den Gesprächen sei noch einmal klar geworden: „Gerade bei den Themen, auf die wir unterschiedlich blicken, bringt uns nur konstruktiver und stetiger Austausch weiter“, so Wadephul bei einer Pressekonferenz am späteren Abend. „Der heutige Besuch hat eine gute Grundlage geschaffen, um diesen Dialog ergebnisorientiert fortzusetzen.“ Die Gespräche beschreibt Wadephul als positiv, er sieht es als gutes Signal, dass sich der Dialog zwischen China und Deutschland nun in „höherer Intensität“ fortsetzen wird.

Frankreich droht mit Zöllen

Doch Europa streitet mit Peking schon länger über Chinas Handelspolitik und verhängte beispielsweise auf chinesische Elektroautos hohe Schutzzölle, erschwert in der Praxis notwendige Investitionen aus China in der EU. Die EU hatte im vergangenen Jahr ein enormes Handelsdefizit von über 300 Milliarden Euro mit China angehäuft. Auch Deutschland erreichte im vergangenen Jahr ein Rekordhandelsdefizit mit der Volksrepublik. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron brachte deshalb in einem Zeitungsinterview weitere Zölle gegen China ins Spiel.

„Ich habe ihnen gesagt, dass wenn sie nicht reagieren, wir Europäer in den kommenden Monaten dazu gezwungen wären, starke Maßnahmen zu treffen und die Zusammenarbeit herunterzufahren - ähnlich wie die USA es getan haben – etwa durch Zölle auf chinesische Produkte“, sagte Macron der französischen Wirtschaftszeitung „Les Echos“ nach seinem China-Besuch.

Doch auch Frankreich möchte die Beziehungen zu China eher ausbauen. Das Treffen zwischen Xi Jinping und Emmanuel Macron zeigt, dass China und Frankreich ihre Beziehungen auf kultureller und strategischer Basis stärken, um in einem zunehmend unsicheren internationalen Umfeld Stabilität zu signalisieren. Die Betonung gemeinsamer Werte und historischer Kontinuität verdeutlicht, dass beide Seiten ihre Kooperation als Gegenmodell zu geopolitischer Polarisierung positionieren wollen. Frankreich sucht dabei Einfluss auf globale Themen wie Klimaschutz, nukleare Sicherheit und Krisendiplomatie, während China seine Rolle als verantwortungsbewusster globaler Akteur hervorheben kann, so „chinapolitan“.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) ist gegen Zölle

Besonders deutlich wird die deutsche Position beim Thema Zölle in der Automobilbranche. Deutschland hat dort noch eine Exportquote von über 80 Prozent, ein Wert, den China nie erreichen kann, da es dafür nicht genug Marktkapazität gibt. Doch während Deutschland seine vormals hohen Handelsüberschüsse als Ausdruck deutschen Fleißes und Erfindungsgabe lobte, wird das bei China als unfair kritisiert, dem Land Subventionspolitik vorgeworfen. Doch dürften Subventionen beispielsweise pro in Deutschland produzierter Batterie für Elektroautos in Deutschland um ein Vielfaches höher liegen als in China. Und für deutsche Autokonzerne ist China immer noch der wichtigste Markt.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller hat Deutschland und Europa zu einer engeren Zusammenarbeit mit China aufgerufen. „Deutschland und Europa müssen mit China im dauerhaften und konstruktiven Dialog bleiben“, sagte Müller der „Rheinischen Post“ anlässlich der China-Reise von Bundesaußenminister Wadephul.

„Das Potenzial einer konstruktiven Zusammenarbeit ist enorm – genau deswegen sind persönliche Treffen und der intensive Austausch in herausfordernden Zeiten besonders wichtig. Gerade mit Blick auf solche Herausforderungen – wie die Restriktionen bei seltenen Erden oder die Schwierigkeiten hinsichtlich der Chipversorgung im Zuge der Nexperia-Krise – müssen langfristige Lösungen gefunden werden, die eine Versorgung sicherstellen“, so Müller.

Zudem bleibe zentral, „dass auf beiden Seiten faire Wettbewerbsbedingungen und ein tatsächliches Level-Playing-Field gelten“. Hier habe sich zuletzt ein deutliches Ungleichgewicht entwickelt, sagte Müller.

Deutsche Industrie differenziert sich in neue Märkte – mit China

Die Wettbewerbsbedingungen der deutschen Industrie leiden jedoch in erster Line unter den schlechten Rahmenbedingungen im eigenen Land. In China hat sich die Stimmung der deutschen Industrie dagegen gewandelt. „Strategische Allianzen. Deutsche Industrie setzt auf China-Kooperationen. Trotz Preisdruck und geopolitischer Spannungen: Deutsche Unternehmen investieren in Partnerschaften mit chinesischen Playern – und legen den Fokus auf Innovation statt Rückzug“, titelt die Fachzeitschrift „Produktion“.

Die Deutsche Handelskammer in China hat die Ergebnisse ihrer Geschäftsklimaumfrage 2025/26 wenige Tage vor der Chinareise des Bundesaußenministers veröffentlicht. Chinesische Unternehmen werden zunehmend als Innovationsführer wahrgenommen. Die Umfrage zeigt, dass daher 56 Prozent der deutschen Unternehmen eine verstärkte Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern erwägen. Ziele sind dabei, chinesisches Know-how als Katalysator zu nutzen und das Geschäft in China auszubauen, sagt Dr. Martin Hofmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Handelskammer in China für Nordchina und erklärte: „Qualitative Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen sowie eine dritte Welle der Lokalisierung, die sich auf Forschung und Entwicklung und deren Industrialisierungsgeschwindigkeit konzentriert, sind zu zentralen Lösungsansätzen für deutsche Unternehmen in China geworden. Dadurch stärken sie ihre Marktposition und treiben nicht nur lokale, sondern auch globale Spitzeninnovationen voran.“

Bewerten die befragten deutschen Unternehmen entstehende Geschäftsmöglichkeiten, steht die Internationalisierung chinesischer Firmen an erster Stelle: 36 Prozent nennen sie als wichtigste Möglichkeit – ein Anstieg um 4,7 Prozentpunkte gegenüber 2024. Zudem sind bereits über zwei Drittel (68%) der Befragten mit chinesischen Unternehmen, die ins Ausland expandieren, engagiert – hauptsächlich durch die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen (44%).

Dies ist wahrscheinlich das größte Warnsignal für die deutsche Industriepolitik. Durch ungünstige Bedingungen Zuhause werden leistungsfähige deutsche Industriekonzerne gezwungen die Differenzierung ihrer Geschäfte und die Erschließung neuer Märkte aus China heraus mit chinesischen Partner anzugehen.

China ist nicht Russland

Auch wenn harsche Chinakritik nicht im Vordergrund des Auftretens des Bundesaußenminister in China stand, sprach er auch alle kritischen Themen an. Zum Abschluss kam Wadephul am Nachmittag mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi zusammen. Bei einer Pressekonferenz forderte der CDU-Politiker die Führung in Peking auf, ihren Einfluss auf Russland auszuüben, um den Weg zu einer Waffenruhe und Friedensgesprächen zu ebnen. Die Regierung habe „maßgeblichen Einfluss“ auf Moskau. „Wir wünschen uns, ja erwarten, dass China seinen Einfluss auch nutzt.“

Doch der Einfluss Chinas auf Russland wird meist überschätzt. Auch bereits vor den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine waren die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht einfach. Bei näherer Betrachtung dürfte jedoch Chinas Umgang mit dem Ukrainekriegs eher die EU nützen, als die US-amerikanische Russlandpolitik. Auch Indien dürfte enger mit Russland verflochten sein als China. Dies zeigte erst vor wenigen Tagen der Indienbesuch Putins. Die EU versäumte es frühzeitig, außerhalb des Westens nach Bündnispartner gesucht zu haben um wirksame Friedensverhandlungen voranzutreiben.

Taiwan für China nicht verhandelbar

In chinesischen Medien nahm die Taiwanfrage den wohl breitesten Raum ein. Die Ein-China-Politik ist Für die Volksrepublik China nicht verhandelbar. In dem Telefonat kurz nach dem Amtsantritt von Wadephul im Mai hatte Außenminister Wang Yi erklärt, das Ein-China-Prinzip sei die „wichtigste politische Grundlage der deutsch-chinesischen Beziehungen“.

Hierzu die offizielle chinesische Position aus china.org.cn.

„Das Gespräch mit Chinas Außenminister Wang Yi war geprägt von der geopolitischen Kernfrage der Region. Wang nutzte das Treffen, um die unnachgiebige Haltung Beijings bezüglich Taiwans zu unter-streichen. Er betonte, dass die Insel seit jeher Teil Chinas sei und ihr Status durch historische Fakten und das Völkerrecht „siebenfach verriegelt“ sei. Wang Yi verwies explizit auf die Kairoer Erklärung von 1943 und die Potsdamer Erklärung von 1945, die die Rückgabe Taiwans an China völkerrechtlich festgeschrieben hätten.

In ungewöhnlich scharfer Form warnte Wang Yi davor, dass jegliche Unterstützung einer Unabhängigkeit Taiwans nicht nur gegen die chinesische Verfassung, sondern auch gegen die internationale Ord-nung verstoße. Gleichzeitig übte er deutliche Kritik an der japanischen Regierung. Ohne Namen zu nen-nen, verurteilte er „leichtfertige Äußerungen“ der japanischen Premierministerin Sanae Tkaichi zu hypo-thetischen Konfliktszenarien als schwere Verletzung der chinesischen Souveränität und Gefahr für den Frieden in Asien. Im Gegensatz zu Deutschland habe Japan seine Aggressionsgeschichte der letzten acht Jahrzehnte noch nicht gründlich aufgearbeitet.

Wadephul versicherte seinem Amtskollegen, dass die neue Bundesregierung der „Ein-China-Politik“ unverändert verpflichtet bleibe. Wang Yi forderte dazu Berlin auf, sich entschieden gegen jegliche separatistische Rhetorik zu stellen.“

Das deutsche Auswärtige Amt hat eine Erklärung abgegeben, in der es sich gegen eine Eskalation in der Straße von Taiwan ausspricht, in einer kaum verhüllten Warnung an China. „Die Sicherheit Asiens und Europas ist eng miteinander verflochten. Der freie Warenverkehr in der Straße von Taiwan ist wichtig für den Wohlstand in Europa und weltweit“ erklärte das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom Dienstag (9. Dezember), dem zweiten Tag des zweitägigen Besuchs von Außenminister Johann Wadephul (CDU) in China. Weiter hieß es: „Jede Eskalation dort würde auch uns treffen. Jede Veränderung des Status quo muss gewaltlos und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen“.

Die Taiwan-Frage sei im Zentrum der Kerninteressen Chinas, betonte der chinesische Vize-Staatspräsident Han Zheng erneut, als er am Montag mit Wadephul zusammentraf. Das chinesische Außenministerium gab die Meldung heraus, dass sich Wadephul im Namen der neuen Bundesregierung ausdrücklich zur sogenannten "Ein-China-Politik" bekannt habe, berichtete "Radio China International".

EU braucht neue Chinapolitik

Die EU-Chinapolitik setzt noch auf alte Weltbilder und überschätzt ihre globale Stärke und weltweite moralische Strahlkraft. Doch Europa blickt zunehmend kritisch auf China. Während die Tonlage schärfer wird, bleibt die europäische Strategie gegenüber China vage. Der „Strategic Outlook“ der EU aus dem Jahr 2019 – der China als Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen einstuft – ist nicht mehr zeitgemäß. Die Realität hat sich verändert, aber Europa scheint keinen Weg für einen neuen Umgang mit China zu finden.

„China braucht Europa nicht mehr so sehr, wie Europa China braucht“, erklärte die China-Expertin Genia Kostka im Interview mit „t-online“. „In Peking sieht man den Westen nicht als verlässlichen Partner, und die chinesische Wirtschaft verfolgt deswegen mit Blick auf den Globalen Süden eine Diversifizierungsstrategie.“ Schon lange kritisierte Peking, dass westliche Politiker stets mit einer langen Forderungsliste nach China kamen. Das empfanden chinesische Führungen als moralisierend und respektlos. Ähnliches hört man von vielen Schwellenländern, die weltweit die Bevölkerungsmehrheit haben und wahrscheinlich auch bald die größte wirtschaftliche Kraft der Erde sind.

Gesine Weber vom Center for Security Studies (CSS) der ETH Zurich fordert in ihrem Essay fünf grundlegende Perspektivwechsel – nicht als kosmetische Korrekturen, sondern als Voraussetzung für eine tragfähige, eigenständige China-Strategie. Dazu gehört ein realistisches Chinabild, das nicht zuletzt während regelmäßiger Chinareisen gewonnen werden kann.

Vorbereitung des Chinareise des Bundeskanzlers

Wadephul kam auch mit dem Stellvertretenden Präsidenten der Volksrepublik, Han Zheng, zusammen. Dabei kündigte der Minister an, dass Bundeskanzler Friedrich Merz zu Beginn des kommenden Jahres nach Peking reisen werde, um den bereits aufgenommenen Dialog mit Staatschef Xi Jinping fortzusetzen. „Meine Reise dient dem Ziel, diesen Besuch vorzubereiten.“ Grundsätzlich sei auch geplant, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im nächsten Jahr die Volksrepublik besuchen wolle.

Seinen Kollegen Wang werde er voraussichtlich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar treffen. Kanzler Friedrich Merz plane im ersten Quartal 2026 einen Chinabesuch. Auch ein China-Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sei im kommenden Jahr geplant, sagte Wadephul beim Treffen mit Han. „Die Besuchsfrequenz zwischen Deutschland und China wird jetzt an Intensität zunehmen. Und das ist auch angesichts der Bedeutung und unserer Beziehung angemessen.“

Die Grünen verharren im alten Weltbild

Uneinigkeit herrscht nicht nur in der EU, sondern auch im Berliner Regierungsviertel. Die Grünen machen dieselben Fehler wie in ihrer vormaligen Regierungsbeteiligung. Sie riefen Außenminister Wadephul dazu auf, bei seiner Chinareise nicht zu weich aufzutreten und der Verlockung kurzfristiger Vorteile zu widerstehen. „Ich erwarte vom Außenminister, dass er verhindert, dass die Bundesregierung dieselben Fehler wiederholt, die Union und SPD jahrzehntelang in Bezug auf Russland gemacht haben: fahrlässig Abhängigkeiten riskieren, um kurzfristige wirtschaftliche Interessen zu erfüllen“, sagte die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Deborah Düring, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Außerdem müsse Wadephul auch Probleme wie die Beachtung von Menschenrechten thematisieren. „Ich erwarte vom Außenminister, dass er nicht nur bei seiner kritischen Haltung gegenüber der chinesischen Regierung bleibt, sondern kritische Themen, wie die Menschenrechtslage in China, auch offen und selbstbewusst anspricht.“ Das „mutige“ Auftreten grüner Spitzenpolitiker diente jedoch eher als Statement gegenüber ihrer Wählern und zerschlug unnötig viel Porzellan, zerstörte Vertrauen, welcher für einen Menschenrechtsdialog notwendig ist. Doch nicht nur dabei sollte die Grünen einen Erfolgs- oder vielmehr eine Misserfolgsbilanz machen.

Die Grünen hatten sich einmal dem Umweltschutz und der sozialen Gerechtigkeit verschrieben. Was bei Umwelttechnologien zu lernen ist, wie mit China der Klimawandel begegnet werden kann – davon war bislang von ihnen kaum etwas zu hören. Doch die Welt braucht mehr und bessere wirkungsvolle grüne Politik.

SPD warnt vor einem zu unkritischen Auftreten

Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetovic, warnte vor einem zu unkritischen Auftreten. „Gerade in außen- und sicherheitspolitischen Fragen, in Wirtschaft und Handel sowie bei Klima und Menschenrechten braucht es einen klaren, aber zugleich robusten Dialog auf Augenhöhe. Deutschland steht für Kooperation, aber nicht für neue Abhängigkeiten“, sagte er dem „RND“. „Diese Haltung ist zentral – insbesondere mit Blick auf kritische Bereiche wie seltene Erden. Strategische Abhängigkeiten dürfen nicht zu politischen Druckmitteln werden.“

In der Praxis hatte jedoch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) einen Monat zuvor in China die Grundlagen für den Dialog des Bundesaußenministers geschaffen. Konstruktiver Dialog auf Augenhöhe, so Klingbeils Motto. Eigentlich ist gute Außenpolitik recht einfach: zunächst gemeinsame Themen erörtern, Übereinstimmungen suchen und dann erst kritische Themen ansprechen.

Neue Wertegemeinschaften erforderlich

Bei der europäischen Chinakritik fand bislang weniger Beachtung, dass die weltpolitischen Turbulenzen von den USA geschürt werden. Wenn sich Staaten wie China derart direkt in die europäische Politik einmischen würden, wie die USA, wäre der Aufschrei groß. Sicherung der Lieferketten, das wäre im Dialog mit China zu erreichen. Faire Handelsbedingungen bei offenen Märkten ebenso. Und nicht zuletzt technologische Kooperationen zum Umbau der Wirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels. Darin ist China weltweit führend. Die vormalige grüne Regierungspolitik jedoch in der Realität gescheitert. Zudem führte der grüne Umbau in China zu billigen Strompreisen, während Deutschland ein Weltmeister der hohen Strompreise wurde.

Die „Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“ schreibt: »Die USA von Donald Trump brechen mit Europa, ihrem Bündnispartner, mit dem Alten Kontinent, aus dem die amerikanische Gesellschaft einst hervorgegangen ist.« Statt Wertegemeinschaft zählen für Trump nun Geschäftsinteressen. Es gebe aber auch noch eine "ethnonationalistische" Seite der Doktrin: Trumps USA unterstützten Gleichgesinnte in Europa. "Im Klartext: antipluralistische Rechtsaußenparteien und illiberale Demokratien wie Ungarn. Das ist nicht der Westen, den wir kennen."

In ihrer neuen Sicherheitsstrategie beklagen die USA unter anderem einen Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa und fordern eine Kurskorrektur. Europa stehe vor großen Problemen, heißt es in dem Dokument, das das Weiße Haus am Donnerstag veröffentlichte.

Beklagt wurde zudem ein „Niedergang“ der europäischen Wirtschaft, das Weiße Haus warnt vor einer „zivilisatorischen Auslöschung“ Europas. Sollte sich die aktuelle Entwicklung fortsetzen, werde der Kontinent „in 20 Jahren oder weniger nicht mehr wiederzuerkennen sein“, heißt es in der US-Sicherheitsstrategie.

Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen hat die in dem Papier enthaltenen Vorwürfe gegen die Europäische Union entschieden zurückgewiesen. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sagte zu den kritischen Äußerungen zur Meinungsfreiheit, er glaube „nicht, dass irgendjemand uns dazu Ratschläge geben muss“.

Der Londoner „Independent“ bewertet es ähnlich: „Das Dokument zeigt, dass es zur Politik der USA gehört, demokratisch gewählte liberale europäische Regierungen zu schwächen, die Europäische Union zu untergraben und die Erweiterung der Nato zu verhindern“, heißt es über die US-Sicherheitsstrategie.

Die EU wacht jetzt endlich auf. EU-Ratspräsident António Costa hat sich ebenfalls kritisch über die neue US-Sicherheitsstrategie geäußert. Europa könne die „Androhung einer Einmischung in das politische Leben Europas“ nicht akzeptieren, sagte Costa bei einer Veranstaltung des Jacques-Delors-Instituts in Brüssel. Die USA könnten nicht stellvertretend für die europäischen Bürger entscheiden, „welches die guten Parteien und die schlechten Parteien sind“, fügte er hinzu.

Dürfen Großkonzerne die Weltpolitik bestimmen?

Amerikanische Internetkonzerne versuchen ebenfalls die Weltpolitik mitzubestimmen. Trump ist ihnen wohlgesonnen. So finanzieren diese Konzerne seinen 300 Millionen US-Dollar teuren White House State Ballroom und zeigen sich mit weiteren Spenden großzügig. Im Gegenzug hilft die US-Regierung bei der Durchsetzung der Interessen dieser Konzerne, auch wenn deren Geschäfte bei uns gegen nationales Recht verstoßen.

Aus den USA reißen die Attacken gegen Europa indessen nicht ab. Anlässlich einer Entscheidung der EU, eine Millionenstrafe gegen Elon Musks Online-Plattform X wegen Transparenzmängeln zu verhängen, äußerte sich der Vizeaußenminister der USA, Christopher Landau, erneut kritisch. In einem X-Beitrag beschwerte er sich über die Doppelrolle der Staaten, die sowohl der Nato, als auch der EU angehörten. Hätten diese Staaten ihren „Nato-Hut“ auf, pochten sie auf die Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit, schrieb Landau. Mit ihrem „EU-Hut“ verfolgten sie gleichzeitig aber politische Agenden, „die oft den Interessen und der Sicherheit der USA völlig zuwiderlaufen“. Als Beispiele nannte er unter anderem „Zensur, wirtschaftlichen Selbstmord/Klimafanatismus, offene Grenzen“. Die USA könnten diesen Widerspruch nicht länger ignorieren, schrieb Landau weiter. „Wir können nicht so tun, als wären wir Partner, während diese Nationen zulassen, dass die ungewählte, undemokratische und nicht repräsentative Bürokratie der EU in Brüssel eine Politik des zivilisatorischen Selbstmords verfolgt.“

Daher sei „alles andere als klar“, ob Europa weiterhin ein verlässlicher Verbündeter bleiben könne. Die USA wollen demnach den „Widerstand gegen den aktuellen Kurs Europas innerhalb der europäischen Nationen kultivieren“. „Unser Ziel sollte es sein, Europa dabei zu helfen, seinen derzeitigen Kurs zu korrigieren“, heißt es weiter. Dabei verweise die US-Regierung auf ihre Zusammenarbeit mit rechtsgerichteten Parteien in Europa, erklärt ARD-Korrespondent Carsten Kühntopp in Washington. Der wachsende Einfluss „patriotischer europäischer Parteien“ gebe „Anlass zu großem Optimismus“, so das Dokument.

Die Regierung Trump und dessen MAGA-Bewegung unterstützen seit langem Parteien und Akteure aus dem Rechtsaußenlager in Europa. Anfang des Jahres forderte etwa US-Vizepräsident JD Vance deutsche Parteien auf, mit der AfD zu kooperieren. Der damalige Trump-Sonderberater Elon Musk warb für die Wahl der AfD. 

Musk hält nationaler Regeln seiner Plattform "X" nicht ein. Die EU verhängte daher vergangene Woche eine Strafe. Musk antwortete mit scharfen Angriffen auf die EU. Er forderte die „Abschaffung“ der Europäischen Union, sperrte den Account der Kommission für Anzeigen und drohte den Beamten, die an der Entscheidung beteiligt waren, mit persönlichen Konsequenzen. Zeitgleich versuchte das Management die Betriebsratswahlen in dem Tesla Werk in Brandenburg massiv zu beeinflussen und droht bei einer Wahl von Gewerkschaftsvertreter mit negativen Konsequenzen. Wenn große chinesische Konzerne in ihren deutschen Werken die bewährte Sozialpartnerschaft dermaßen torpedieren , das Arbeitsrecht so missachten würden, wäre der Aufschrei groß. Ausländische Unternehmen müssen sich an nationales Recht halten. Das gilt für China, für die EU und muss auch für die USA gelten. Die USA versucht dies auszuhebeln.

Neue Wertepartnerschaften notwendig

Es ist keineswegs sicher, dass der Dialog mit China zu einer nachhaltigen Verbesserung der deutsch-chinesischen Beziehungen führt. Fest steht aber: Die Bundesregierung verfolgt gegenüber Peking eine pragmatische Politik, auch weil es dazu für Deutschland wenig Spielräume und kaum Alternativen gibt, so „t-online“.

Es geht jedoch nicht nur um die deutsch-chinesischen Beziehungen. Es geht um die Zukunft unserer Welt. Dafür ist mehr und bessere internationale Partnerschaft notwendig. Wertepartnerschaft in der neuen Weltunordnung bedeutet trotz unterschiedlicher Politikansätze in entscheidenden Fragen zu kooperieren.

Die EU und China können dabei trotz unterschiedlicher politischer Systeme in zentralen Bereichen, wie Technologiekooperationen oder Klimaschutz zusammen viel bewirken. Besonders Deutschland braucht eine Stimulierung der Wirtschaft, die durch offene Märkte und mehr Offenheit gegenüber chinesischen Investitionen unterstützt werden kann. Dabei gibt es viele Probleme zu lösen. Doch bei einem Dialog auf Augenhöhe sind diese auch zu lösen. Gut das der politische Dialog mit China jetzt an Dynamik gewinnt.


Links

AHK Greater China. Geschäftsklimaumfrage 2025/26

Strategische Allianzen. Deutsche Industrie setzt auf China-Kooperationen

Vizekanzler Lars Klingbeil in China. Konstruktiver Dialog auf Augenhöhe

Wadephul sieht Fortschritt in Handelsfragen mit China und setzt auf Dialog setzt auf Dialog mit China

Keine Bewegung in Sachen Ukraine - China kommt Deutschland bei Seltenen Erden entgegen

Wadephul in China - Entspannungssignale im Rohstoffstreit

China macht Ernst

Wadephul in China. Politik der soliden Gespräche

Deutsch-Chinesischer Dialog in Beijing. Taiwan-Frage und wirtschaftliche Öffnung im Fokus


Trotz Absatzeinbruch in China: Autoindustrie fordert engeren Dialog

GEOPOLITISCHE EUROPA-KURZBERICHTE. 5 Denkweisenwechsel für eine bessere europäische Strategie gegenüber China

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