1. Dezember 2025
„Gemeinsam mit unseren Partnern in China die elektrische Revolution vorantreiben,“ so die Pressemeldung von Renault. „Tatsächlich hat sich der Maßstab für Wettbewerbsfähigkeit von Europa nach China verlagert. Dies hat uns dazu veranlasst, europäische Ingenieurskunst mit chinesischer Innovationskraft und Geschwindigkeit zu verbinden“, so der Konzern.
China Renault Twingo E-Tech für unter 20.000 Euro
Europäische Autokonzerne können preisgünstige Elektroautos anscheinend nur mit chinesischer Hilfe entwickeln und fertigen. Der neue elektrische Renault Twingo E-Tech, der ab 2026 in Europa für unter 20.000 Euro auf den Markt kommen soll, wurde in China mit Geely-Technologie und unter Einbeziehung chinesischer Zulieferer entwickelt. Bei der Entwicklung des Twingo E-Tech bezieht Renault rund 46 Prozent der Komponenten von chinesischen Zulieferern, darunter die Batterie von CATL und den Motor von Shanghai Edrive.
Der Elektro-Twingo ist das erste Modell, das bei Renault im Rahmen des Leap-100-Programms entwickelt wurde. Das große Ziel ist es, nicht weniger als den gesamten Zyklus der Fahrzeugentwicklung zu transformieren. Nach lediglich 100 Wochen war der neue Hoffnungsträger fertig – inklusiv des Designs, der Plattformadaption, der Technik und Fertigung sowie regionaler Lieferketten. Noch nie hat Renault ein Fahrzeug derart schnell entwickelt und dies unter Einhalten neuester Qualitätsstandards im Konzern, so die „Automobil-Produktion“.
Auch eine Exportversion von Geely-Modellen wie dem Galaxy E5 soll in Brasilien über Renault vertrieben werden. Künftig werden Fahrzeuge der Marken Renault und Geely Auto gemeinsam im Ayrton-Senna-Werk in São José dos Pinhais (Paraná) gefertigt. Im Rahmen dieser Vereinbarungen übernimmt Geely einen Anteil von 26,4 Prozent an Renault do Brasil, während der französische OEM Mehrheitsaktionär bleibt und die Gesellschaft weiterhin in seinen Konzernabschlüssen konsolidiert. Zudem wird Renault die GEA-Plattform (global intelligent new energy architecture) von Geely nutzen, um sein Angebot an Elektro- und Hybridfahrzeugen auf dem brasilianischen Markt auszubauen. Der Vertrieb der Geely-Fahrzeuge erfolgt über das bestehende Vertriebsnetz von Renault do Brasil.
Autogigant Geely
Die Kooperationsprojekte und Beteiligungen des privaten Autogiganten Geely sind kaum zu überblicken. Der Konzern ist seit Februar 2018 größter Einzelaktionär der Mercedes-Benz Group AG (Muttergesellschaft von Mercedes-Benz) mit einem Anteil von rund 9,7 Prozent der Aktien. Zusätzlich gibt es eine enge Kooperation im Rahmen des Joint Ventures für die Marke smart und bei der Entwicklung von Motoren, wie dem 2,0-Liter-Turbovierzylinde.
Auch andere europäische Autokonzerne verfolgen ähnliche Strategien. Nur so scheinen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern zu können.
Renault ordnet Chinageschäft neu
Renault konzentriert sich in China auf Elektrofahrzeuge und leichte Nutzfahrzeuge, nachdem es sein Geschäft mit Pkw mit Verbrennungsmotor 2020 eingestellt und sein Joint Venture mit Dongfeng aufgelöst hat. Um die Transformation zur Elektromobilität zu beschleunigen und wettbewerbsfähig zu bleiben, arbeitet Renault intensiv mit chinesischen Partnern zusammen und nutzt chinesische Technologie.
April 2020 zog sich Renault aus der Produktion und dem Verkauf von Pkw mit Verbrennungsmotor in China zurück und übertrug seine Anteile an der Dongfeng Renault Automotive Company (DRAC) an den chinesischen Partner Dongfeng.
Renault fokussiert sich jetzt auf Elektroautos, die in China über die Joint Ventures eGT New Energy Automotive und Jiangxi Jiangling Group Electric Vehicle (JMEV) vertrieben werden, sowie auf leichte Nutzfahrzeuge durch das Joint Venture Renault Brilliance Jinbei Automotive (RBJAC).
Um die Entwicklung neuer E-Fahrzeuge zu beschleunigen und die Kosten zu senken, setzt Renault auf die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen wie Geely. Seit 2024 betreibt Renault in Shanghai das Ampere China Development Center (ACDC), um chinesische Innovationen zu nutzen und die Entwicklungszeit neuer Elektromodelle zu verkürzen. Das Zentrum bündelt Ingenieurs- und Einkaufsfunktionen, um Kosten und Zeit zu optimieren.
Intern wird das Entwicklungszentrum auch ACDC genannt. Das ist gleichzeitig eine Anspielung auf Wechselstrom (Alternating Current) und Gleichstrom (Director Current) und die bekannte Hardrock-Band.
Renault und Geely betreiben ein Joint Venture namens Horse, das sich auf die Entwicklung und Produktion von Benzin-, Hybrid- und Verbrennungsmotoren konzentriert.
FuturGen Insight
Während die Automobilindustrie einen tiefgreifenden Wandel durchläuft, beschleunigt die Renault Group ihr Wachstum durch enge Verbindungen zum dynamischen Innovationsökosystem Chinas. Philippe Brunet, Chief Technology Officer der Renault Group, erläutert, wie sich europäische Ingenieurskunst mit chinesischer Agilität verbinden lässt, um erschwingliche, hochmoderne Elektrofahrzeuge schneller als je zuvor auf den Markt zu bringen, so Renault in seiner Pressemitteilung.
Renault 5 und Renault 4 E-Tech elektrisch, Alpine A 290 und A 390… In den letzten vier Jahren ist es uns gelungen, mehr Flaggschiffmodelle als je zuvor zu produzieren. Dank der Expertise unserer Teams bei Ampere, die sich ausschließlich mit Elektrofahrzeugen und Software beschäftigen, konnten wir höchste europäische Standards erreichen.
Allerdings bleibt das Umfeld für die Automobilindustrie aufgrund zunehmender regulatorischer Änderungen, rasanter technologischer Durchbrüche, neuer Kundengewohnheiten und verstärktem Wettbewerb besonders herausfordernd.
Tatsächlich hat sich der Maßstab für Wettbewerbsfähigkeit von Europa nach China verlagert. Dies hat uns dazu veranlasst, europäische Ingenieurskunst mit chinesischer Innovationskraft und Geschwindigkeit zu verbinden, so Renault.
ACDC-Entwicklungszentrum
Wir haben ein neues Kapitel aufgeschlagen, in dem China und Frankreich unter einem Dach vereint werden und lokales Know-how mit unserer globalen Vision verbinden. Unser Ampere China Development Center (ACDC) in Shanghai bildet das Herzstück dieser Zusammenarbeit. Das 2024 gegründete ACDC ist darauf ausgelegt, sich direkt in Chinas dynamisches Ökosystem für Elektrofahrzeuge zu integrieren, die Markteinführungszeit zu verkürzen, Innovationen aufzuspüren und strategische Partnerschaften aufzubauen.
Es geht darum, lokal zu handeln, um globale Wirkung zu erzielen. Nehmen wir den bald vorgestellten Twingo als Beispiel. Er wurde in Frankreich geboren, in China entwickelt, in Europa produziert und innerhalb von zwei Jahren ausgeliefert. Dieses Auto vereint die richtigen Technologien zum richtigen Preis für europäische Kunden.
Und das ist erst der Anfang: Unser nächstes Dacia-Elektrofahrzeug im A-Segment wird noch schneller entwickelt werden, nämlich in nur 16 Monaten nach dem Einfrieren des Konzepts.
Die Erfolgsfaktoren liegen in der Natur von ACDC selbst. Mehr als ein Forschungs- und Entwicklungszentrum ist es ein vollständig integriertes Team – Einkauf, Kostenrechnung, Entwicklung –, das parallel arbeitet, in Echtzeit validiert und Grenzen überschreitet. So können wir schnell agieren, agil bleiben und bessere, nachhaltigere Technologien auf den Markt bringen, so Renault.
Verbindung mit wichtigen Technologietrends
Im vergangenen Juli erreichten wir mit der Auflegung eines Investmentfonds in Partnerschaft mit der chinesischen Bank CICC und führenden chinesischen Partnern einen neuen Meilenstein. Dieser von Ampere geleitete Fonds investiert in bahnbrechende Technologien für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (NEV), wie beispielsweise Batterien, autonomes Fahren, intelligente Cockpits oder eingebettete Intelligenz, und verbindet finanzielle Stärke mit industrieller Vision.
Die Nähe zu den besten Innovatoren, das Lernen mit Demut und der Aufbau starker Partnerschaften sind nicht nur eine Option – sie sind unerlässlich. Wir befinden uns genau dort, wo die Zukunft der Automobilindustrie gestaltet wird: im Herzen des Geschehens. Diese räumliche Nähe ermöglicht es uns, schneller zu reagieren, anders zu denken und intelligentere Lösungen für unsere Kunden weltweit zu liefern, so Renault.
Lernen in China
„Mithilfe des neuen Entwicklungszentrums in Schanghai haben wir verstanden, wie das chinesische Ökosystem funktioniert. Unser Ziel ist es, diese ‚Best Practice’ in die gesamte Renault-Gruppe zu übernehmen. Wir erhalten damit das Beste aus zwei Welten“, erklärte Markenchef Fabrice Cambolive in der „Automobilwoche“.
Mit dem Twingo habe Renault gelernt, wie ein grundlegend neues Modell in weniger als zwei Jahren entwickeln werden kann – und zwar vom Ende der Konzeptionsphase bis zum Start der Produktion. Das sei durch eine an vielen Stellen veränderte Arbeitsweise und durch die umfassende Nutzung des chinesischen Ökosystems gelungen.
Ziel sei es, diese Erkenntnisse in das gesamte Unternehmen einfließen zu lassen, erklärte. Dabei geht es nicht nur um Elektromobilität. Die Zukunft liegt beim Smart. Car. Man habe für den neuen Twingo so umfangreich auf digitale Tools wie nie zuvor gesetzt. Die Lieferanten würden frühzeitig und direkt eingebunden in einen kurzen Regelkreis. „Dieser Prozess verfolgt einen ‚Teste-und-Lerne‘-Ansatz, um Verbesserungsmöglichkeiten bei Projekten so früh wie möglich zu evaluieren und umzusetzen. Das ist letztlich das, was wir in Europa unter ‚China Speed‘ verstehen“, so Cambolive.
Entscheidend sei es gewesen es, die vor dem Team liegenden Aufgaben zu antizipieren. Das Prinzip „One Team, One Location“ habe sich sehr ausgezahlt. Es ermögliche weit schnellere Entscheidungsprozesse. In China sei es beispielsweise üblich, auch wichtige Entscheidungen täglich auch in kleineren Teams zu treffen und– nicht nur wöchentlich nach einem großen Meeting aller Beteiligten.
Danach gefragt, was die chinesischen Ingenieure und ihre Experten im ACDC-Center („Advanced China Development Center“, Renaults Entwicklungszentrum in Schanghai) besser als die gut ausgebildeten Mitarbeiter in Europa machten, sagte Produktionschef Vittorio d‘Arienzo: „Die Vorteile liegen vor allem in anderen Prozessen. Das ACDC wurde 2024 gezielt dafür gegründet, um das in China etablierte Ökosystem zu verstehen und um zu lernen, wie man dort Autos im Rekordtempo entwickelt. Das Zentrum arbeitet mit mehreren starken, lokalen Partnern zusammen, die alle zu den führenden Unternehmen in ihren Bereichen zählen.“
„In der Fertigung konnten wir bislang bereits eine Kostenreduzierung von 30 Prozent erreichen und wir denken, dass wir das noch weitertreiben können“, sagte d‘Arienzo. „Wir wollen bis 2028 eine Kostenreduzierung von 40 Prozent zwischen unserer ersten Generation von C-Elektroautos und der nächsten erreichen. Und wir sind auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen, das haben wir nun im A-Segment unter Beweis gestellt.“
Renault kauft bereits etwa fünf Prozent seiner jährlichen 20 Milliarden Euro Beschaffungsvolumen in China ein. Das Unternehmen hat kürzlich 64 Komponenten zu chinesischen Zulieferern verlagert, was zu 29 Prozent niedrigeren Kosten, 72 Prozent weniger Investitionen und 31 Prozent geringeren Werkzeugkosten führte.
"Es gibt eine echte Intelligenz in China bei der Wiederverwendung bestehender Technologien und Werkzeuge", stellte Brunet fest.
"Wir sind hier, um zu kopieren"
Trotz des Erfolgs betont Renault, dass eine komplette Verlagerung nach China nicht das Ziel sei. "Wir sind und bleiben ein auf Europa ausgerichteter Hersteller", sagte Brunet. "Wir sind hier, um zu lernen und zu kopieren, so einfach ist das."
Das Unternehmen sieht Grenzen für seine kostengünstige Beschaffung aufgrund sozialer Verantwortung gegenüber der europäischen Industrielandschaft, Zöllen und möglichen europäischen Ursprungsregeln.
Coiffier wies Kritik zurück, Renault habe die Entwicklung komplett delegiert: "Europa hat noch einen Vorteil bei der Systementwicklung und der globalen Vision. Wir haben noch Know-how und einen Vorsprung." Der neue Twingo E-Tech soll 2026 auf den Markt kommen und könnte aufgrund der Produktion in Europa Anspruch auf Umweltprämien haben, berichtet telepolis.
Der Schweizer Unternehmer und Analyst Arnaud Bertrand kommentierte, dass weder Zollschranken noch Decoupling die Lösung für die Probleme der europäischen Autoindustrie sein könnten. "Diese französischen Ingenieure, die sagten 'wir sind demütig gekommen, um zu lernen', haben wahrscheinlich mehr für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie getan als alle Think-Tank-Papiere in Brüssel zusammen", so Bertrand.
Links
FuturGen Insight – Driving the electric revolution together with our partners in China
Der neue Renault Twingo E-Tech Elektrisch: Elektrische Revolution im A-Segment
ecomento. Renault: Neuer Elektro-Twingo wurde mit China-Know-How ermöglicht
telepolis. E-Autos: Wie Renault von China lernt – und plötzlich schnell wurde
Entwicklung mit ACDC. Wie Renault beim Twingo den China-Turbo zündet
Handelsblatt. Renault soll chinesischen Elektromotoren-Zulieferer suchen
Arnaud Bertrand - This is probably one of the most interesting and revealing industrial stories of the year
VIDEO. AC/DC - Highway to Hell
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Renault Twingo E-Tech C Renault © Renault
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