7. Oktober 2025
Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg bringt das komplette „Anthropolis“-Projekt zum Theaterfestival nach Wuzhen. Das Wuzhen-Festival, das nun schon zum zwölften Mal stattfindet, eröffnet mit seinem vielleicht ambitioniertesten Werk aller Zeiten. Zum ersten Mal wird eine ganze Sektion des Festivals, die „Stadt der Menschlichkeit“, einer einzigen Produktion gewidmet.
Basierend auf fünf griechischen Sagen – Dionysos, Laios, Ödipus, Iokaste und Antigone – dauert die Aufführung jeweils drei Tage und insgesamt etwa neun Stunden. „Diese fünfteilige Serie gilt als Meilenstein des zeitgenössischen Theaters. Sie erzählt eine der berühmtesten Mythen der europäischen Zivilisationsgeschichte, nämlich die Saga von Theben“, erklärt Meng Jinghui, künstlerischer Leiter des Festivals. „Sie greift die Saga von Theben auf und interpretiert sie für die heutige Zeit neu, indem es Frieden inmitten von Konflikten sucht. Für die heutige Welt hat es eine tiefe Bedeutung.“ Meng erinnert sich an das erste Mal, als er Laios sah: „Ich verstand kaum ein Wort Deutsch, aber anderthalb Stunden lang lachte ich ununterbrochen. Es war anders als jede Aufführung, die ich je gesehen hatte.“
Nach Angaben des Festivalkomitees begannen die Vorbereitungen für die Wuzhen-Aufführungen vor mehr als zwei Jahren. Das technische Team reiste sechs Mal nach Deutschland, um das Großprojekt zu koordinieren. Das Deutsche Schauspielhaus reist mit ca. 80 Personen nach Wuzhen, Vor Ort stehen insgesamt fast 90 Künstler auf der Bühne. Über 400 Bühnenbildelemente und Requisiten wurden dafür im Vorfeld nach Wuzhen verschifft. Ein Teil der Kulissen wird auch vor Ort gebaut.
In Deutschland wurde die Inszenierung mit höchsten Auszeichnungen bedacht. Bei der Kritikerwahl 2023/24 der Zeitschrift „Theater Heute“ wurde das Deutsche Schauspielhaus Hamburg zum „Theater des Jahres“ gekürt, Lina Beckmann zur „Schauspielerin des Jahres“ und Laios zur „Inszenierung des Jahres“, berichtet „China Daily“.
„City of Humanity“ ist eine der sechs Sektionen des diesjährigen Festivals, das vom 16. bis 26. Oktober mit 25 Produktionen läuft. Darunter sind zehn Inszenierungen aus China, während 15 Werke aus neun anderen Ländern kommen, darunter Frankreich, Kanada und Malaysia. Das internationale Programm umfasst „Cyrano de Bergerac“ des japanischen Regisseurs Tadashi Suzuki, „Flower in the Mirror“, „Moon in the Water“ von Stan Lai, der auch Mitbegründer und Direktor des Festivals ist, und „Multiple Bad Things“ des australischen Back to Back Theatre. Insgesamt wird es 71 Aufführungen an zehn Veranstaltungsorten in Wuzhen geben. Unter den chinesischen Produktionen sind Inszenierungen vieler junger Theatermacher, die zumeist unglaublich kreativ und spannend arbeiten.
Wuzhen – eines der schönsten Dörfer Chinas
Die historische, romantische und 1300 Jahre alte dörfliche Wasserstadt liegt am berühmten Bejing-Hangzhou-Kanal etwa auf dem halben Weg zwischen Hamburgs Partnerstadt Shanghai und der Hauptstadt der Nachbarprovinz Zhejiang, Hangzhou, mit der Schleswig-Holstein eine Partnerschaft pflegt. Nächstes Jahr feiern beide das vierzigjährige Bestehen dieser Partnerschaft, wozu diese Inszenierung neue Impulse geben könnten.
Ein Hauptmerkmal des Wuzhen-Theaterfestivals ist die Vielfalt und Professionalität seiner Aufführungsorte. In fußläufiger Entfernung befinden sich sieben gleichermaßen schöne und faszinierende Indoor-Theater unterschiedlicher Größe und Funktion, ein großes Freilichttheater und zahlreiche Freilichtplätze. Diese beeindruckende Vielfalt an Veranstaltungsorten schafft eine seltene Konstellation an Aufführungsorten unter den Theaterfestivals des Landes und sogar der Welt.
Wuzhen investierte massiv in den Bau des neuen Wuzhen Grand Theaters, das vom renommierten Architekten Yao Renxi entworfen wurde. Fünf kleinere klassische Theater, die in den jahrhundertealten Gebäuden des historischen Viertels Xizha von Chen Xianghong, dem Gründer und Vorsitzenden des Wuzhen-Theaterfestivals, und Lai Shengchuan, dem Gründer und ständigen Direktor des Wuzhen-Theaterfestivals, renoviert wurden, bilden den Wuzhen-Theatercluster und zeigen den Charme der Altstadt und die grenzenlose Fantasie ihrer Verbindung mit der Kunst. Das prächtige Wuzhen Grand Theater ist zu Wuzhens markantestem kulturellen Wahrzeichen geworden und gilt weithin als das schönste Großtheater Chinas. Jedes dieser kleineren Theater besitzt seinen eigenen Charakter und seine historische Bedeutung. Neben dem Festival werden diese Veranstaltungsorte auch für eine Vielzahl künstlerischer Aktivitäten genutzt, was Wuzhen zu einer der vielfältigsten und hochwertigsten historischen Städte Chinas macht, so die Festivalleitung.
Die Provinz Zhejiang hat viel zu bieten, ist einer der bedeutendsten Hightech-Spots der Welt. Aber auch viele reizvolle landschaftliche Touristenziele oder kulturelle Besonderheiten gibt es dort zu entdecken, wie die alte Kulturstadt Shaoxing, mit der Lübeck eine Kooperation unterhält.
Links
Deutsches Schauspielhaus Hamburg. ANTHROPOLIS-Marathon
Wuzhen Festival
Bambooblog Hamburg. Wuzhen, zauberhaftes Wasserdorf im Yangtze-Delta
China Daily. Greek saga powers festival opener
Hamburger Abendblatt. Gigantisches Projekt. Schauspielhaus Hamburg: Warum das halbe Ensemble nach China reist
Schleswig-Holstein. Partnerschaft mit der Provinz Zhejiang
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Laios - Rittershaus © Deutsches Schauspielhaus Hamburg
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