1. Oktober 2025
Gewaltige Überkapazitäten, Produktionspausen in den Werken zur Elektroauto-Produktion, fast täglich Meldungen von Werksschließungen bei Zulieferern und dramatische Stellenstreichungen. Die deutsche Automobilbranche steckt in einer tiefen Krise. Und das dürfte erst der Anfang sein.
Zukunftstechnologien geraten in westlichen Industrieländern ins Hintertreffen
Im VW-Werk in Dresden soll die Produktion voraussichtlich für eine Woche ruhen, für das Werk in Emden sind mehrere Tage Stillstand vorgesehen. Dort werden der VW ID.4 und VW ID.7 produziert. In Zwickau sollen Anfang Oktober für eine Woche die Produktionslinien stillstehen. Dort werden ID.3, ID.4 und ID.5, Audi Q4 e-tron, Q4 Sportback e-tron und der Cupra Born gebaut. Im Werk von VW Nutzfahrzeuge Hannover soll die Fertigung der Modelle VW ID.Buzz und T7 Multivan für mehrere Tage ausgesetzt werden. Auch in Emden drohen Produktionseinstellungen. Während die Produktion von Elektroautos heruntergefahren werden muss, werden gleichzeitig im VW-Werk Wolfsburg Sonderschichten für die Produktion von Verbrennen gefahren. Neue Benziner kommen auf den Markt, der Ausstieg aus der Verbrennertechnologie wird anscheinend endlos verschoben.
Die USA kehren zurück zur fossilen Steinzeit. Klimawandel sei die größte Lüge der Menschheit, so US-Präsident Trump. Mit seinem sogenannten „Big beautiful bill“, streicht er die Vergünstigungen für Elektroautos und grüne Energie. Der US-Markt für Elektroautos dürfte zusammenbrechen, die Produktion in den USA für Zukunftstechnik ins Hintertreffen geraten.
Exportweltmeister scheitert
Lange Jahre feierten wir den Exportweltmeister Deutschland als Ausdruck unseres Fleißes, unserer Erfindungsgabe. Doch die Exportquote von 76 Prozent, mit der die deutsche Autobranche die Weltmärkte „überschwemmten“, ist nicht mehr zu halten. Der Rückgang betrifft ganz Europa. Die gesamteuropäische Autoindustrie verlor in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung. Seit dem Jahr 2000 sank der Anteil Europas an der weltweiten Pkw-Produktion von 36 auf 18,5 Prozent und halbierte sich somit beinahe. Seit 2000 ist die Pkw-Fertigung in Großbritannien um 53 Prozent, in Frankreich um 68 Prozent zurückgegangen. Noch dramatischer war der Rückgang in Italien. 2024 wurden dort noch rund 310.000 Autos hergestellt, 78 Prozent weniger als vor 24 Jahren.
Diese Entwicklung ist jedoch aus Sicht einer gerechteren Welt, in der die Mehrheit der Weltbevölkerung in einer nachholenden Entwicklung Anschluss an den Lebensstandard des Westens anstrebt, wünschenswert. Mehr Wohlstand in den aufstrebenden Ländern bedeutet dabei nicht unbedingt ein Abstieg des Westens. Eher das Gegenteil: Nur durch eine gemeinsame Entwicklung, durch mehr internationale Zusammenarbeit lässt sich unser Wohlstand sichern und ausbauen. Und dies kann nur in einer intakten Umwelt geschehen.
IAA: Europäische Politik scheut Dialog
Diese beiden die Zukunft entscheidenden Themen standen auf der IAA Mobility nicht im Vordergrund. China wurde als Herausforderung, von manchen als Gefahr für die etablierten Autokonzerne gesehen. Doch auch Togg aus der Türkei stellt in München seine respektablen Elektroautos aus. Vietnam hat erfolgreich eine Elektromarke aufgebaut, und selbst in afrikanischen Ländern entstehen neue Elektro-Automarken.
Zum anderen fanden auf der IAA die großen chinesischen Zulieferer, die aus dem IT-, Elektronik- und Software-Sektor kommen, weniger Beachtung. Elektroautos und Batterietechnik sind bereits etabliert. Die nächste Stufe sind smarte, selbstfahrende Autos. Hier hat der Westen den in China bereits gewonnenen Erfahrungen wenig entgegenzusetzen.
Von der deutschen Politik war in München wenig Substanzielles zu hören. Von der EU-Politik nichts. Dabei geht es bei der Produktion und der Nutzung von Kraftfahrzeugen um entscheidende Fragen der Klimapolitik. Europa ist bei diesem Thema uneinig, und asiatische Länder steigen zu Vorreitern für funktionierende Konzepte einer nachhaltigen Umweltpolitik auf. Auch Fragen zukünftiger globaler Sicherheitsstandards oder technischer Normen für Umwelttechnik waren für Europas Politiker kein Thema.
Wenn in China zwei Drittel der smarten Elektroautos produziert, aber auch verkauft werden, entwickeln sich dort die zukünftigen Weltstandards. Daran sollten wir mitwirken, unsere Vorstellungen und Kompetenzen einbringen. Bei diesen Entwicklungen geht es nicht um Europa und die USA gegen China. Es geht um die ganze Welt, um asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Länder, die wir als wirtschaftliche Zukunftspartner weitgehend verlieren könnten.
Dass die EU diesen Dialog ablehnt, China als Gefahr und weniger als Chance sieht, könnte mit ihrem eigenen Versagen bei der Klimapolitik und der Wohlstandssicherung zusammenhängen, von der sie ablenken möchte. Doch um unsere Demokratie zu sichern und populistischen Strömungen entgegenzuwirken brauchen wir Wohlstand und eine intakte Umwelt, auch für zukünftige Generationen. Wir brauchen umgehend preisgünstige, smarte Elektrofahrzeuge. Dies lässt sich nur in einer intensiveren und besseren Zusammenarbeit mit dem Weltmarkt- und Technologieführer China und der Weltgemeinschaft realisieren.
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Unternehmensreports - Aussteller aus China auf der IAA Mobility 2025 München
VW stoppt vorübergehend Produktion in mehreren Werken
Westen im Rückstand? Entwicklungsländer setzen auf Elektroautos
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Thomas Kiefer
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