11. August 2025
China hat viele Gesichter. Yin Jia hatte als Student eine Exkursion nach Xishuangbanna unternommen. Seine filigranen Zeichnungen faszinierten uns. Die Farben, die bunten Trachten, tropische Landschaften und Tempel zeigten eine fremde, unbekannte Welt. Das lockte uns. Die Anfahrt war schwierig, von Kunming mehrere Tage durch wilde Berglandschaften. Doch wegen Unwettern war dies nicht möglich. So brachte uns eine alte Propellermaschinen ans Ziel, an den Mekong. Jetzt ist dort ein beliebtes Touristenziel. Der Zug braucht heute für die etwa 500 Kilometer nur noch drei Stunden und 6 Minuten. Die Strecke geht von dort weiter nach Laos. Von dort kommen auch immer mehr Touristen aus den ASEAN-Staaten zu einem visafreien Besuch.
Ulf Ludzuweit: Einträge in meinem Skizzenbuch vom 25. 8. 1989
Xishaungbanna, den 25. 8. 89 (Autonomes Gebiet)
Gestern kamen wir mit dem Flugzeug in diesem Teil der südchinesischen Provinz Yunnan an, der Flughafen war in der Nähe der Stadt Simao, wo wir eine Nacht blieben. Hier sah noch alles recht chinesisch aus, von Minderheitenkultur war noch nicht viel zu spüren.
Heute morgen um 7 Uhr ging es dann mit dem Überlandbus weiter, für chinesische Verhältnisse eine nicht so anstrengende Busfahrt. Trotzdem waren wir bei unserer Ankunft in Jinghong ziemlich gerädert.
Die Landschaft unterwegs war sehr sehenswert. Dschungelwälder und Mittelgebirge, alles sah viel unerschlossener aus als im übrigen China. Ab und zu konnte man einen Blick auf ein Dorf einer Minderheitenkultur werfen, so eigenwillige Trachten und Kleidung habe ich bislang noch nicht allzu oft gesehen. Eine Mitreisende auf unserer Sitzbank musste wegen des Geschaukels des Busses kotzen, zu ihrem Unglück klemmte das Fenster, so dass sie hinter ihren Sitz kotzte.
Nach unserer Ankunft in Jinghong suchten wir sogleich ein Restaurant auf, in dem eine Gruppe Jugendlicher fasziniert vor einem Fenster saßen und mit eine großen Pistole, die mit einem Kabel mit der Glotze verbunden war, die üblichen Computerspiele betrieben: Bildschirmballerei. Es ist schon komisch, in eine Gegend zu kommen, abgeschieden von der Welt mit Minderheits- und Stammeskulturen, aber die Computertechnologie mit all ihrem billigen Unterhaltungskonsum ist auch schon da.
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Beim Abendessen auf einer Terrasse eines Dai-Restaurants (Thai-Minderheit) erklärte mir Thomas, dass ein Teil der chinesischen Landwirtschaft eine Gartenkultur sei, wo man sich um jede einzelne Pflanze kümmert und in der nur reife Pflanzen aus dem Feld herausgeholt werden. Es wird niemals ein Feld in einem Rutsch abgeerntet, die Felder sind auch viel kleiner als in Europa. Die Landwirtschaft ist hier viel arbeitsintensiver, laugt die Böden aber nicht so aus.
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Menghun, den 27. 8. 1989
Besuch des Minoritätenmarktes hier. Eine bunt gemischte Szene; manche Leute sehen aus wie Mitglieder der amerikanischen Ureinwohner. Ein Mann trug an einer geschulterten Stange rohes Fleisch. Eine dicke Sau kam von hinten und bis herzhaft hinein, riss ein Stück raus. Er schnellte herum und trat sie heftig, sie quiekte laut auf.
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Wir werden von bunt gekleideten Frauen angesprochen, die uns Opium verkaufen wollen. Diese kommen aus dem Hinterland und aus den Bergen, wo ihre Dörfer sind, einmal wöchentlich auf den Markt, um ihre landwirtschaftlichen Produkte zu verkaufen. Diese Dorfgemeinschaften scheinen in ihrer Kultur weitgehend unangetastet; die chinesische Zivilisation hat hier keine derartige Zerstörung angerichtet wie die Europäer in Nordamerika.
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer / Ulf Ludzuweit
Foto: Thomas Kiefer
Zeichnungen: Yin Jia / Ulf Ludzuweit
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