24. Juli 2025
Eigentlich gibt es viele Gründe ein halbes Jahrhundert Beziehungen zwischen der EU und China zu feiern. Wenn wir zurückblicken waren die Zeiten zu Beginn eher schwieriger als heute. „Vor fünfzig Jahren nahmen die EU und China diplomatische Beziehungen auf. Europa war damals kleiner und konzentrierte sich vor allem auf wirtschaftliche Fragen. China war ärmer, seine Wirtschaft war nur halb so groß wie die Frankreichs und stand erst am Anfang seiner Reformen und Öffnung. Die USA und die Sowjetunion waren in einen Kalten Krieg geopolitischer und ideologischer Rivalitäten verwickelt. Fünfzig Jahre später boomen bilateraler Handel und Investitionen. China hat sich zu einer Technologie- und Innovationsmacht entwickelt. Asien ist zum Motor des Welthandels geworden,“ so Arancha Gonzalez, Dekan der Paris School of International Affairs an der Sciences Po im MERICS-Forum zum EU-China-Gipfel.
Noch mehr wie diese rein wirtschaftlichen Bereiche ist die Gesamtbilanz ein Segen für die Menschheit. Fünfzig Jahre Frieden in der EU und in China. Eine Zeit in der in China hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreit wurden. Das steigende Einkommen sorgte dafür, dass China zum Motor der Weltwirtschaft wurde. Der steigende Konsum in China sicherte Arbeitsplätze besonders in Deutschland und spülte Milliarden in die Kassen unserer Konzerne. Doch die Welt und die wirtschaftlichen Schwergewichte haben sich geändert. Die EU selbst sieht sich in einer multiplen Krise.
Es ist also nicht gerade eine Position der Stärke, aus der Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Antonio Costa beim Gipfel verhandeln müssen, so die Tagesschau. Aus Peking gehe der Blick zuerst in den globalen Süden und in die USA als großer Wettbewerber. Europa wirke auf die chinesischen Politiker oft zerstritten, als ein Kontinent in der Krise. "Und Europa ist nicht wirklich bereit, die Partnerschaft mit den USA aufzukündigen" - auch das höre man von chinesischer Seite.
Dabei bringt doch die USA die Weltwirtschaft durcheinander und schädigt bewährte internationale Institutionen. Die EU müsste mit China und der Weltgemeinschaft zusammen dagegen auftreten, die Kräfte bündeln. Denn Trump hat eher ein psychologisches Problem einer Nation, die sich in einem Nullsummen-Deal auf dem absteigenden Ast wähnt.
Im Jahr 1975 betrug der Anteil der USA an der Weltwirtschaft, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), etwa 23,13 Prozent. Bis 2024 ging dies auf 14,9 Prozent zurück. Chinas Anteil an der Weltwirtschaft war vor 50 Jahren eher unbedeutend. Im Jahr 2024 macht China schätzungsweise 19,45 Prozent des kaufkraftbereinigten globalen BIP aus und ist damit die größte Volkswirtschaft gemessen an dieser Kennzahl, so "Statista".
Die Vorherrschaft des Westens geht zu Ende. Doch wie man in China sagt: der Kuchen ist durch das weltweite Wirtschaftswachstum größer geworden, an ihm können sich jetzt alle ein größeres Stück abschneiden. Aus Sicht der Schwellenländer führt diese Entwicklung zu mehr globaler Gerechtigkeit. Es solle zukünftig nicht um Vorherrschaft, sondern um eine multipolare Welt gehen. Doch damit tut sich nicht nur die USA, sondern auch Europa schwer.
Neue Allianzen sind notwendig
Der diese Woche erschienene Report des renommierten Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeichnet ein besorgniserregendes Bild der transatlantischen Zukunft: Die USA unter Trumps zweiter Präsidentschaft würden multilaterale Institutionen weiter schwächen, Europa nicht mehr als Partner, sondern als Rivalen betrachten. Ein nostalgischer Transatlantizismus sei deshalb keine tragfähige Option mehr.
„Ein Europa, das aus vielen Schweizen besteht, ist nicht überlebensfähig“, sagt Auror Bachmann mit Blick auf Europas Zersplitterung. Nur eine geeinte, gestaltungsfähige europäische Großmacht könne dem globalen Machtvakuum etwas entgegensetzen. Die politische Existenz Europas stehe auf dem Spiel."
Doch bei dem Gipfeltreffen kritisiert die EU weiterhin, dass China die regelbasierte internationale Ordnung störe. Zum einen: die gewaltigen Störungen kommen aus der USA. Noch schlimmer: dort hält sich die Politik nicht mehr an bewährte internationale Regeln, tritt aus internationalen Organisationen aus. Zum anderen: in den vergangenen Jahrzehnten wurden diese Regeln schwerpunktmäßig durch die etablierten Industriestaaten gesetzt. Jetzt haben sich jedoch durch den Aufschwung der Schwellenländern und nicht zuletzt dem wirtschaftlichen Aufschwung Chinas die Kräfteverhältnisse geändert. China ist von der Bevölkerung mehr als das dreifache der EU. Indien ist von der Bevölkerung mehr als das Dreifache. Auch gegenüber Lateinamerika und noch mehr gegenüber Afrika ist die EU, ist der Westen nicht mehr die überlegene Macht. Es entstehen mehrere Machtzentren, ein Multilateralismus, die neue Allianzen erfordern. Damit ist die EU, angesichts einer schwachen Bilanz beispielsweise bei der Bekämpfung des Klimawandels oder der Etablierung einer grünen Industriepolitik überfordert.
EU setzt auf Streit und einseitige Forderungen
Wenig wurde von dem EU-Chinagipfel erwartet. Dabei gäbe es genügend Gründe die 50-jährigen Beziehungen zu feiern. Europäische Firmen profitierten von dem wirtschaftlichen Aufstieg und China schickt sich an zum Vorreiter der weltweiten Klimapolitik und des Freihandels zu werden. Doch es geht nicht um die EU und China. Es geht um eine neue Welt, in der die westlichen Industriestaaten nicht mehr die Vorherrschaft ausüben. Und es scheint , dass die EU von ihrem Versagen bei einer wirkungsvollen Klimapolitik, bei ihrem Versagen einer funktionierenden Industriepolitik mit neuen Feindbildern ablenken möchte.
Engin Eroglu, Leiter der China-Delegation des Europäischen Parlaments fordert dennoch, China müsse alles dafür tun, dass der Krieg in der Ukraine bald beendet werde. „Sonst brauchen wir über andere Themen gar nicht erst reden.“
Krieg in der Ukraine
Doch nicht nur China, sondern viele Staaten, welche weit über die Hälfte der Weltbevölkerung vertreten, liegen nicht auf der EU-Linie. Das zeigte sich vor kurzem beim BRIC-Gipfel in Brasilen. Die Länder verurteilten den Krieg einseitig, jedoch mit umgekehrter Sichtweise. Sie verurteilten die Angriffe auf Zivilisten durch die Ukraine auf russischem Gebiet. Gastgeber Lula da Silva kritisierte den jüngsten NATO-Beschluss zur massiven Aufrüstung aus einer Perspektive des Globalen Südens, für den die BRICS-Staaten sprechen wollen. "Es ist einfacher, fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Militärausgaben bereitzustellen als die versprochenen 0,7 Prozent für die öffentliche Entwicklungshilfe. Das zeigt, dass das Geld zur Umsetzung der Agenda 2030 zwar da wäre, aber aufgrund falscher politischer Prioritätensetzung nicht zur Verfügung steht," so Lula. Chinas Präsident Xi war nicht zum Gipfel angereist. Wahrscheinlich wollte er nicht in der Schusslinie des Westens stehen, den Eindruck erwecken, dass dies eine chinesische Initiative sei.
Indien oder zentralasiatische Staaten dürften in manchen Bereichen engere Beziehungen zu Russland haben als China, stehen jedoch nicht im Zentrum der Kritik. Doch wenn die EU den russischen Angriffskrieg wirklich beenden wolle sollte sie dies mit Hilfe der Schwellenländer tun. Dazu müsste sie sich jedoch auch deren Positionen anhören, einen richtigen Friedensdialog führen.
Überproduktion kommt in erster Linie von der deutsche Autoindustrie
Als zweites Konfliktthema brachte die EU vor, dass hochsubventionierte chinesische Überprodiktion in den europäischen Markt dränge. Eine Überproduktion ist jedoch die Triebfeder jeglicher Modernisierung und der Preissenker in einer Marktwirtschaft. Bislang wurden dabei Exportüberschüsse als Ausdruck des Fleiß und der technologischen Erfolge eines Landes gefeiert. Die EU ist der weltweit größte Exporteur von Waren und Dienstleistungen. Deutschland exportiert immer noch mehr als 70 Prozent seiner Autos, war lange Jahre gefeierter „Exportweltmeister“.
China ist zwar in kurzer Zeit zum größten Autoproduzenten aufgestiegen und stellte 31,28 Millionen Fahrzeuge her. Doch wurden 2024 jedoch auch 31,4 Millionen verkauft. Also hatte China nach den Daten dabei immer noch ein Handelsdefizit. Wer überschwemme also die Welt mit Autos?
Chinas Handelsdefizit bei Autos
„Der Streit um die Zölle auf Elektrofahrzeuge könnte für beide Seiten ein Ausgangspunkt und eine zentrale Priorität für eine Einigung sein. Aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung für beide Seiten sowie seiner Auswirkungen auf die globale grüne Wende wird der Umgang der EU und Chinas mit dem Streit um Elektrofahrzeuge entscheidend für die zukünftige Entwicklung ihrer Beziehungen sein. Wenn das gemeinsame Ziel der grünen Wende und der Dekarbonisierung die EU und China nicht dazu bewegen konnte, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, wer sonst könnte es?
Vor diesem Hintergrund und angesichts der vielfältigen Optionen gibt es keinen Grund, einer Einigung über Elektrofahrzeuge nicht zuzustimmen. Eine solche Einigung könnte auf dem Konzept des „sektoralen Protektionismus“ basieren, der die industrielle Basis der EU schützt und gleichzeitig China den Marktzugang ermöglicht.
Eine pragmatische Einigung über Elektrofahrzeuge könnte auch als Vorlage für differenziertere, sektorspezifische Verhandlungen zwischen China und der EU dienen. Solange das CAI (engl.: Comprehensive Agreement on Investment ist der Name eines geplanten Investitionsabkommens zwischen der Volksrepublik China und der Europäischen Union. Die Verhandlungen über das Abkommen begannen 2013. Im Dezember 2020 gab die EU bekannt, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind; die Ratifizierung durch das Europäische Parlament steht noch aus, wurde aber auf Eis gelegt) ins Stocken geraten ist, könnten beide Seiten sektorspezifische Vereinbarungen anstreben, die auf Gegenseitigkeit und Transparenz basieren.
Der Weg zu einem konstruktiveren Verhältnis zwischen der EU und China erfordert eine deutliche Abkehr von der derzeitigen Tendenz eskalierender Spannungen und die gegenseitigen Anerkennung der Tatsache, dass die Kosten mangelnder Zusammenarbeit schlicht zu hoch sind. Die erforderlichen Kompromisse sind für beide Seiten politisch schwierig, aber sie sind unerlässlich für den Aufbau einer stabileren, vorhersehbareren und letztlich prosperierenden Zukunft sowohl für die Europäische Union als auch für China,“ so Yan Shaohua Stellvertretender Direktor und außerordentlicher Professor, Zentrum für chinesisch-europäische Beziehungen, Fudan-Universität im MERICS-Forum.
Auch wenn Deutschland oder Japan eine viel höhere Handelsquote haben, bleibt der wachsende Exportüberschuss Chinas ein Problem. Das kommt von der schieren Größe des Landes, dass ohne Probleme in einigen Bereichen die ganze Weltproduktion übernehmen könnte. Das dies nicht geht, dadurch die Märkte zusammenbrechen würden, ist jedoch auch in China klar. Dafür müssen gemeinsame Lösungen gefunden werden.
Wirtschaft fordert konkrete Ergebnisse
Mehr und bessere Kooperationen erforderlich, so Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie. „Das Gipfeltreffen zwischen der EU und China ist im Lichte der handels- und geopolitischen Herausforderungen von besonderer Bedeutung. Die EU und China haben die gemeinsame Verantwortung, die WTO-gestützte, internationale Handelsordnung zu stärken, sowie die Transformation zur klimaneutralen und digitalen Mobilität zu beschleunigen. Der Austausch muss zudem genutzt werden, um auch über strittige Themen zu sprechen und hier schnellstmöglich Lösungen zu finden:
Für die deutsche Automobilindustrie ist aktuell insbesondere eine raschere Genehmigung der Exporte von Seltenen Erden und Permanentmagneten wichtig. Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit, um die Stabilität der Lieferketten und eine reibungslose Produktion zu gewährleisten.
Darüber hinaus muss zügig eine Verhandlungslösung bei den EU-Ausgleichszöllen auf in China produzierte E-Pkw's erzielt werden. Die Zölle - die im besonderen Maße auch die deutschen Hersteller betreffen - waren und sind ein falsches Instrument. Sie sind nicht geeignet, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie zu stärken - hier muss die Europäische Union vielmehr an den eigenen Standortbedingungen arbeiten. Es liegt aber auch an China, mit konstruktiven Vorschlägen auf Europa zuzugehen und wettbewerbsverzerrendes Verhalten konsequent und schnell zu stoppen.
Generell gilt: Die aktuellen handels- und geopolitischen Differenzen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China in den vergangenen fünf Jahrzehnten zum beidseitigen Vorteil waren. Die Wirtschaftsbeziehungen zu China haben gerade in Deutschland, aber auch in Europa insgesamt Wachstum, Wohlstand und Wertschöpfung geschaffen. Umso entscheidender ist es jetzt, Konflikte zu lösen und mit gemeinsamen konstruktiven Lösungsansätzen weiterhin erfolgreich zusammenzuarbeiten,“ so Müller.
Praktische Lösungen sind gefragt
Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, fordert Bundeskanzler März auf umgehend China zu besuchen und wünscht sich eine neue Chinastrategie. „Die deutschen Unternehmen in China wünschen sich, dass der Begriff der Rivalität aus der Chinastrategie gestrichen wird. Die neue Regierung sollte sich auf die Partnerschaft und den Wettbewerb mit China konzentrieren. Denn wir müssen in China mit den Chinesen zusammenarbeiten, um global wettbewerbsfähig zu bleiben, so Buteks Kommentar zum Gipfeltreffen gegenüber der "WirtschaftsWoche".
China setzt auf Kooperation
Chinas Staatspräsident Xi Jinping erklärte bei einem Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Antonio Costa, und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass die Verringerung der Abhängigkeiten nicht zu einer Verringerung der Zusammenarbeit zwischen China und der EU führen sollte. "Die bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, die sich von Natur aus ergänzen und für beide Seiten von Vorteil sind, könnten durch Entwicklung tatsächlich ein dynamisches Gleichgewicht erreichen", so Xi.
Chinas hochwertige Entwicklung und Öffnung werde neue Chancen und Potenziale für die Zusammenarbeit zwischen China und der EU bieten, bemerkte Xi und forderte beide Seiten auf, die grüne und digitale Partnerschaft zu stärken und gegenseitige Investitionen und Kooperationen zu fördern. Man hoffe, dass die EU ihren Handels- und Investitionsmarkt weiterhin offenhalten, auf den Einsatz restriktiver Wirtschafts- und Handelsinstrumente verzichten und ein gesundes Geschäftsumfeld für chinesische Unternehmen schaffen könne, die in der EU investieren und dort tätig sind, erklärte Xi.
China und die EU hätten weitreichende gemeinsame Interessen und keinen grundsätzlichen Konflikt, sagte er. „In dieser sich verändernden und turbulenten internationalen Situation ist es für China und die EU, die beiden größten Mächte und zwei größten Märkte der Welt, umso wichtiger, eng zusammenzuarbeiten“, sagte Ministerpräsident Li Keqiang und fügte hinzu, dass dies nicht nur eine natürliche Wahl für ihre jeweilige Entwicklung sei, sondern auch den Erwartungen der internationalen Gemeinschaft entspreche.
Solange China und die EU den Freihandel ernsthaft aufrechterhielten, würden die internationale Wirtschaft und der Handel dynamisch bleiben. Solange beide Länder den Multilateralismus konsequent praktizierten, werde sich der Trend zu einer multipolaren Welt weiter verstärken, sagte der Ministerpräsident. China werde weiterhin mit der EU zusammenarbeiten, um in diesen Beziehungen größere Fortschritte zu erzielen und den Völkern in China, der EU und darüber hinaus mehr Vorteile zu verschaffen, sagte Li.
EU stellt Konflikte in den Vordergrund, nennt weniger gemeinsame Lösungsstrategien
„Wir haben auch die Notwendigkeit von Fortschritten in Handels- und Wirtschaftsfragen angesprochen. Wir möchten weiter daran arbeiten, sicherzustellen, dass unsere Wirtschaftsbeziehungen ausgewogen, wechselseitig und für beide Seiten vorteilhaft sind,“ so Präsident António Costa beim Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang.
„Der Handel zwischen der EU und China ist zunehmend einseitig geworden, was nicht nachhaltig ist. Es liegt in unserem beiderseitigen Interesse, dass unsere Handelsbeziehungen ausgewogen und fair sind, damit heutige und künftige Generationen davon profitieren. Wir hoffen, weitere Bereiche der bilateralen Zusammenarbeit zu erörtern und zu erörtern, wie die EU und China globale Herausforderungen bewältigen können.
Abschließend möchten wir betonen, dass wir unsere bilaterale Partnerschaft vertiefen und konstruktive und stabile Beziehungen anstreben, die auf der Achtung der regelbasierten internationalen Ordnung, ausgewogenem Engagement und Gegenseitigkeit beruhen. Wir sind bereit, Fortschritte zu erzielen, indem wir Anliegen mit Wohlwollen und Ehrlichkeit angehen und gemeinsam den Multilateralismus wahren,“ erklärte Costa.
Abschottung führt zum technologischen Rückstand
Von deutscher Seite wird bei dem Thema Umwelttechnik und Elektrofahrzeuge aus China eher Kritik vorgetragen. „Die Aussicht auf eine Überschwemmung des europäischen Marktes durch chinesische Elektrofahrzeuge hat viele Bedenken ausgelöst, vor allem hinsichtlich der Preisgestaltung und des fairen Wettbewerbs. Ausländische Smart Cars bergen jedoch auch erhebliche Risiken für Daten und Cybersicherheit, denen sich die Politik stellen muss. In dieser Hinsicht könnte die Förderung chinesischer Investitionen in Elektrofahrzeuge in Europa die Regulierungsbemühungen erschweren.
Um Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit chinesischen Elektrofahrzeugen auszuräumen, haben die USA ein Verbot chinesischer Hard- und Softwarekomponenten für den US-Markt vorgeschlagen. Auch wenn diese Lösung für Europa möglicherweise nicht sinnvoll ist, enthält der Vorschlag einige Aspekte, die eine Überlegung wert sind. Eine strikte Verpflichtung der Automobilhersteller, ihre Lieferanten, insbesondere für Schlüsselkomponenten, offenzulegen, könnte ein sinnvoller Schritt sein. Ein Beispiel hierfür wäre die TCU (Telematics Control Unit), ein Computer an Bord vernetzter Fahrzeuge, der sowohl die Datenübertragung als auch die drahtlose Software-Updates übernimmt.
EU-Digitalpolitiker haben signalisiert, dass sie die US-Bedenken teilen, dass von Elektrofahrzeugen erfasste Daten für Überwachung, Spionage und Sabotage missbraucht werden könnten. Würde die EU eine Strategie verfolgen, bei der Lieferanten wichtiger Hard- und Softwarekomponenten überprüft werden, könnten chinesische Unternehmen mit länderübergreifender Präsenz oder Eigentümerstruktur in Verlegenheit geraten. Dies erhöht die Komplexität zusätzlich, da europäische Automobilhersteller bereits chinesische Zulieferer in ihrer Lieferkette für den amerikanischen Markt ersetzen müssen. Während die EU versucht, ihren nächsten Schritt zu planen, ist es schwierig, chinesische Investitionen in Elektrofahrzeuge in Europa ohne Bedenken zu begrüßen,“ warnt Jakub Jakóbowski Stellvertretender Direktor des Zentrums für Oststudien (OSW) und Leiter der China-Abteilung Im MERCIS-Forum.
Etwas technologischer Sachverstand sollte jedoch bei solchen Themen vorhanden sein. Ist einem Tesla mehr zu trauen als einem BYD? Können Daten in der USA nicht ebenso, gerade bei der derzeitigen Politik, in Konfliktfällen als Druckmittel gegen die EU verwendet werden? Eine Lösung dafür ist technologisch möglich, indem dafür gesorgt wird, dass diese Technologien in der EU nicht angreifbar sind. Das machen chinesische Konzerne bereits, indem sie in Europa unabhängige Entwicklungszentren aufbauen.
Lösung der Zukunftsprobleme erfordert mehr Wissenschaftskooperation
Konkrete Wissenschaftskooperation waren kaum Thema des Gipfeltreffens. Dies dürfte einer der größten Schwächen der EU-Politik gegenüber China sein. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit wird eingeschränkt, dies nicht nur bei der Entwicklung von Elektroautos. Doch Sicherheitsbedenken können gelöst werden. Und wenn ein Land zwei Drittel der grünen Zukunftstechnik produziert und nutzt, setzt es automatisch die zukünftigen Industriestandard. Die müssen wir mitgestalten. Das kann nur mit Forschungskooperationen gelingen. Vielleicht ist nicht erst in 50 Jahren zu sehen, dass dieses Versäumnis der EU der größte Schwachpunkt des Gipfels war.
Globale Neuordnung
Die Exporte der EU gehen zurück, da die USA Zollmauern errichtet und gleichzeitig Schwellenländer aufholen. Nicht nur China. Marokko beispielsweise exportiert mehr Kraftfahrzeuge in die EU als China. Elektroautos kommen zwischenzeitlich auch aus der Türkei oder Vietnam. Dies kann jedoch auch als Zeichen für die zunehmende gerechtere Verteilung in der Welt gesehen werden. Eine gute Industriepolitik in Entwicklungsländern bewirkt weit mehr als jegliche Entwicklungshilfe. Daher ist China nach neuesten Umfragen in Entwicklungsländern weit beliebter als der Westen.
Klimapolitik gelingt nur im Dialog
Mit was überschwemmt China lauf EU den Weltmarkt? Mit günstigen Elektroautos, mit Solartechnologie, mit Windkraftanlagen, wird geklagt. Doch China ist in erster Linie auf sich selbst konzentriert. Das Dominanzgehabe des Westen ist ihm fremd. Der chinesische Markt für Elektroautos ist mit Abstand der größte weltweit, wobei im Jahr 2024 etwa 10,8 Millionen Einheiten verkauft wurden, was zwei Dritteln aller weltweit verkauften Elektroautos entspricht. China ist weltweit führend im Ausbau von Solar- und Windenergie. Das Land baut fast doppelt so viele Kapazitäten für Wind- und Solarenergie wie der Rest der Welt zusammen, berichtet die. Im Jahr 2024 wurde eine Rekordkapazität für Solar- und Windenergie hinzugefügt, wobei die Produktionsrate sich in nur zwei Jahren mehr als verdreifacht hat. Der Verbrauch fossiler Energie geht in China zurück, früher als geplant. Und während Klimapolitik in China, aber auch in Schwellenländern ein wichtiges Thema ist, fällt dieses im Westen eher zurück.
Preisgünstige Exporte der Umwelttechniken helfen weltweit den Katastrophen des Klimawandels zu begegnen. Das sieht man in Schwellenländern, besonders in Zentralasien. Der EU würde die Aufhebungen der Hürden für chinesische Elektroautos und gegenüber Produktionsbasen chinesischer Hersteller zusätzlich einen Technologieschub geben. Ähnliches hatte China auch gemacht, um seine Wirtschaft zur Modernisierung zu zwingen: Technologieführer mit günstigen Investitionsbedingungen und einer Willkommenskultur ins Land locken.
Dabei war das Thema Klima eine der wenigen Punkte, zu der die EU und China eine gemeinsame Erklärung abgeben konnten. „Grün ist die bestimmende Farbe der Zusammenarbeit zwischen China und der EU“, heißt es darin. Beide Seiten werden die bilateralen Zusammenarbeit in Bereichen wie Energiewende, Anpassung, Management und Kontrolle von Methanemissionen, Kohlenstoffmärkten sowie grünen und kohlenstoffarmen Technologien ausbauen, um ihre jeweiligen grünen und kohlenstoffarmen Übergangsprozesse gemeinsam voranzutreiben, steht in der Erklärung. Wie dies angesichts von Barrieren gegenüber chinesischer Umwelttechnik und dem Zurückfahrens der Wissenschaftskooperationen seitens der EU realisiert werden soll steht nicht in der Erklärung.
Neue Weltlage erfordert neue strategische Entscheidungen
Dem chinesischen Staatsfernsehen zufolge sagte Xi, dass beide Seiten unter der unruhigen internationalen Lage mit Weitsicht agierten und forderte die Vertreter der EU dazu auf, "die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen". Die EU und China sollten deshalb "das gegenseitige Vertrauen ausbauen und die Zusammenarbeit vertiefen".
Auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen schrieb nach ihrer Ankunft in Peking auf X: "Dieser Gipfel bietet die Gelegenheit, unsere Beziehungen sowohl voranzubringen als auch neu auszutarieren." Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete, bezeichnete von der Leyen die Beziehungen zwischen der EU und China zum Auftakt des Gipfels zudem als "eine der wichtigsten und folgenreichsten Beziehungen weltweit. Dem müssen konkrete Ergebnisse folgen.
Links
Kiel Report, 4 - Quo vadis, USA?
EU-Japan Summit – Joint Statement
VIDEO. Reden Gipfeltreffen
EU-China summit, 24 July 2025 - Agenda highlights
Opening remarks by President António Costa at the meeting with President of China Xi Jinping
Readout from the 6th EU-China High-Level Dialogue on Environment and Climate
Eröffnungsrede von Präsident António Costa beim Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang
Joint EU-China press statement on climate - The way forward after the 10th anniversary of the adoption of the Paris Agreement
25th EU-China summit - EU press release
MERICS Forum: Engaging in times of tension - Views from Europe and China
Tageschau. EU-China-Gipfel: Lauter Zeichen der Entfremdung
WirtschaftsWoche. Deutsche Wirtschaft in China - „Es geht jetzt nicht mehr darum, was wir den Chinesen beibringen können“
Berliner Zeitung. Spannungen vor EU-China-Gipfel: „Von der Leyen hat dramatisch versagt“
ORF. EU–CHINA-Gipfeltreffen in angespannten Zeiten
Die Zeit. Xi Jinping ruft EU zum Auftakt von Gipfel zu mehr Vertrauen auf
AFP. Chinas Präsident Xi fordert tieferes Vertrauen zwischen China und der EU
Neue Zürcher Zeitung. Gipfeltreffen der EU und China: Xi sieht Verhältnis an «historischem Wendepunkt»
New York Times. China-EU-Gipfel scheitert bei der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten; Handel, Seltene Erden und Ukraine-Fragen rücken in den Mittelpunkt der Verhandlungen
CRI. China und Europa sollten positives Signal für gemeinsame Wahrung von Multilateralismus und Zusammenarbeit senden
Xinhua Commentary: Half a century on, China-EU ties require collaboration rather than division
Xinhua Commentary: Time for China, EU to broaden consensus on navigating next 50 years of relations
Chinesisches Außenministerium. China und Europa sollten positives Signal für gemeinsame Wahrung von Multilateralismus und Zusammenarbeit senden
Xinhua. China, EU should uphold openness and cooperation, properly manage differences: Xi
Xinhua. Cooperation should be keynote of China-EU relations: Chinese premier
Xinhua. Xi calls on China, EU to provide more stability, certainty for world through steady, sound bilateral relations
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Building of the Mission of China to the EU / Wikipedia
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