23. Juni 2025
Im März 2011 fuhr der erste China-Europa-Expresszug von Chongqing ab. Viele Beobachter in Europa glaubten damals, dass diese interkontinentale Verbindung keineswegs wirtschaftlich sei und keine große Zukunft haben würde. Im Juni startete jetzt der 110.000. China-Europa-Güterzug aus Qingdao in der ostchinesischen Provinz Shandong Richtung Europa. Bislang transportierten die eurasischen Züge Waren im Wert von etwa 450 Milliarden US-Dollar.
Wie diese Entwicklung mit jährlichen Wachstumsraten von 35 Prozent, mit immer kürzeren Zuglaufzeiten und laufend sinkenden Kosten funktioniert, sahen wir bei der Besichtigungen der Trockenhäfen, Industrieparks und den Grenzübergangsstationen während unserer Seidenstraßen-Reise: Harter marktwirtschaftlicher Wettbewerb ist dabei mit intensiver Kooperation und Bündelung der Kräfte verbunden. Ein integrierter Entwicklungsplan ist langfristig angelegt.
Wettbewerb und Kooperation
Nicht nur Qingdao in Shandong oder die 32-Millionen-Stadt Chongqing bauten regelmäßige Seidenstraßen-Verbindungen auf. Zwischenzeitlich gibt es Zugverkehre aus 128 chinesischen Städten. Von Küstenstädten wie Dalian, Tianjin, Qingdao und Lianyungang als Ausgangspunkt gibt es bereits 28 feste Zugverbindungen zwischen China und Europa.
Die Provinzen bündeln diese in sogenannten Trockenhäfen, in großen Bahn-Umschlagszentren. Dabei sind die Logistikverbindungen Teil der regionalen Industriestruktur. In großen Industrieparks werden Ressourcen wie Forschung und Entwicklung gebündelt, um die Modernisierung voranzutreiben. Logistik ist integrierter Teil dieser Wertschöpfungskette.
Direktzüge aus chinesischen Städten nach Europa machen Sinn, da dadurch die Zuglaufzeiten erheblich verkürzt werden. Doch ist es betriebswirtschaftlich unsinnig, aus 128 Städten Direktzüge fahren zu lassen, da ein Großteil davon nur wenig ausgelastet wäre. In verschiedenen Regionen des Landes wurden 14 Sammelzentren für China-Europa-Güterzüge eingerichtet, um den Aufbau eines effizienten Transport- und Verteilungsnetzes mit Verbindung von Haupt- und Nebenstrecken sowie Knotenpunkten zu beschleunigen und moderne Logistikzentren mit internationaler Bedeutung zu schaffen.
Die Zahl der China-Europa-Güterzüge, die über diese Sammelzentren verkehren, macht 88 Prozent des gesamten Zugverkehrs in China aus. Viele Waren kommen immer noch aus Ostchina, aus den Küstenregionen. Doch zentral- und Westchina gewinnen als Sammelzentren stark an Bedeutung. Diese sind oftmals spezialisiert auf bestimmte Warengruppen. Zudem werden für immer mehr Waren vor Ort in Zentral- und Westchina Produktionsbasen geschaffen, wodurch sich die Zuglaufzeit gegenüber Ostchina um mehrere Tage verkürzt.
Ausweitung Europa-Südostasien
Anderseits wird das Netz nach Südostasien erweitert. Das internationale Logistiknetzwerk in Shandong transportiere inzwischen nicht nur chinesische Exporte, sondern auch grenzüberschreitende Waren aus Japan, Südkorea und südostasiatischen Ländern, erklärte Gao Yitian, ein Beamter der Niederlassung in Jiaozhou des Logistikzentrums der Jinaner Eisenbahn. „Ich bin überzeugt, dass diese Züge auch weiterhin mehr ‚Made in China‘-Produkte liefern und gleichzeitig bessere Dienstleistungen für die Länder und Bevölkerungen bieten werden, die sich an der ‚Gürtel und Straße‘-Initiative beteiligen“, so Gao.
Hochwertige Güter
Die Eisenbahntransporte sind um einiges günstiger als Lufttransporte, jedoch teurer als Schiffstransporte. Zeit ist Geld, Containerschiffe sind lange unterwegs. Dies gilt besonders für hochwertige Güter. Im Jahr 2024 waren Güter mit hoher Wertschöpfung wie Autoteile, mechanische Ausrüstung sowie elektronische und elektrische Produkte mit einem Anteil von über 60 Prozent die Hauptexportwaren des China-Europa-Express.
Dafür wurden auch neue Güterfahrzeuge entwickelt und gebaut. Damit wurde das Problem der Sicherheit im Schienenverkehr für Fahrzeuge mit alternativer Energie und Lithiumbatterien für die Unternehmen erfolgreich gelöst, sodass die „neuen Drei“ aus China – Fahrzeuge mit alternativer Energie, Lithium-Ionen-Batterieprodukte und Photovoltaikprodukte – nun mit dem China-Europa-Express in die Welt hinausfahren können, meldet China Railway.
35 Prozent jährliches Wachstum
Mehr Qualität schafft auch mehr Quantität, sorgt für eine Ausweitung des Streckennetzes der eisernen Seidenstraße. Bislang haben insgesamt 128 chinesische Städte China-Europa-Güterzugverbindungen aufgenommen, die 229 Städte in 26 europäischen Ländern sowie über 100 Städte in elf asiatischen Ländern erreichen.
Von 2016 bis heute hat die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Güterzugverbindungen zwischen China und Europa 35 Prozent erreicht, die Warenarten sind auf 53 Kategorien und mehr als 50.000 Artikel angestiegen, der Anteil an Hightech- und Gütern mit hoher Wertschöpfung ist von Jahr zu Jahr gestiegen, und die Zahl der Güterzugverbindungen zwischen China und Europa liegt seit 61 aufeinanderfolgenden Monaten bei über 1.000 pro Monat.
Drei Korridore
Die Zugverkehre laufen dabei hauptsächlich über drei Korridore. Im chinesischen Inland gibt es drei große Korridore in Richtung West, Mitte und Ost, die gezielt Fracht aus verschiedenen Richtungen anziehen oder Güter, die aus Europa und Zentralasien kommen, weiterleiten. Im eurasischen Verkehr hat sich eine Struktur mit drei parallelen Korridoren in Richtung Nord, Mitte und Süd herausgebildet, und ein immer dichteres Eisenbahnverkehrsnetz zwischen Asien und Europa entsteht.
Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gewinnt der südliche Korridor für die Verbindungen Asien-Westeuropa stark an Bedeutung. "In den letzten Jahren haben wir den Testbetrieb der südlichen Strecke des China-Europa-Güterzuges intensiv vorangetrieben und damit eine neue Verbindung nach Europa geschaffen. Gleichzeitig haben wir mit den Eisenbahnbehörden der entlang der Strecke gelegenen Länder umfassende Verhandlungen über die Organisation des Transports und die Preise geführt und so die Diversifizierung der Auslandsverbindungen vorangetrieben", erklärte der Leiter der Frachtabteilung der China State Railway Group Co.
Effektive Zollabwicklung sorgt für Effizienz
Dier enorme Zunahme der Seidenstraßenverkehre erforderte einen umfassenden Ausbau und Effektivisierung der Zollabwicklung. Dazu haben die Eisenbahnkonzerne zusammen mit den regionalen Behörden und den Zollverwaltungen die fünf großen Zollstationen Alashankou, Khorgos, Erlian, Manzhouli und Suifenhe sowie die hinteren Verbindungswege ausgebaut und modernisiert und den neuen Knotenpunkt Tongjiangbei in Betrieb genommen. Damit wurden die Durchlasskapazität der Zollstationen kontinuierlich erhöht. Die großen Zollstandorte entwickeln gleichzeitig ihre regionalen Industrieparks, schaffen moderne KI-gestützte Logistikdienstleistungen und beleben den Handel durch Zollfreigebiete.
Derzeit beträgt die tägliche Umschlagkapazität der sechs großen Grenzübergangsbahnhöfe 184 Züge. Es wird ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb ausgebaut und Digitalisierung beschleunigt, Formalitäten werden vereinfacht. Vorgelagerte Umschlagbahnhöfe im chinesischen Binnenland übernehmen zunehmend auch Zolldienstleistungen, wodurch sich der Ablauf an der Grenze vereinfacht und beschleunigt.
Mit der Einführung des digitalen Grenzübergangssystems können die Grenzübergangsstellen anhand der Abfahrtsinformationen aus dem In- und Ausland die Zollformalitäten im Voraus erledigen, was die Effizienz der Zollabfertigung erheblich verbessert. In enger Zusammenarbeit mit den Zollbehörden wird das "Fast-Track"-Modell für den Schienenverkehr aktiv optimiert, wodurch die Zollabfertigungszeiten von etwa einem halben Tag auf weniger als 30 Minuten verkürzt werden und im schnellsten Fall nur wenige Minuten dauern.
Doch Chinas Seidenstraße hört nicht an der Grenze auf. "Wir haben nacheinander Tochtergesellschaften in Kasachstan, Deutschland, Russland und anderen Ländern gegründet und die praktische Zusammenarbeit mit lokalen Eisenbahn-, Logistik-, Hafen- und Speditionsunternehmen vertieft, um gemeinsam die Entwicklung von Frachtquellen in beide Richtungen zu organisieren", erklärte ein Vertreter der China Railway Container Transport Co. Der Handel ist keine Einbahnstraße, und die Züge sollen voll ausgelastet in beide Richtungen fahren. Eine volle Auslastung verringert die Logistikkosten.
Derzeit sind die Zugverbindungen zwischen China und Europa in beide Richtungen weitgehend ausgeglichen, und die Gesamtbeladungsrate der Container liegt stabil bei 100 Prozent. Die beteiligten Unternehmen, darunter Spediteure und Logistikunternehmen entlang der Strecke, erzielen mit China-Europa-Güterzügen höhere und stabilere Einnahmen, und die Menschen in den Ländern entlang der Strecke profitieren von mehr Arbeitsplätzen und Einkommensquellen, berichtet China Railway.
Weitere Verbesserung der Betriebseffizienz
Um die Transportkapazität und die Betriebseffizienz zu verbessern, wurden weitere konkrete Maßnahmen ergriffen, um Hindernisse für den Transport mit den China-Europa-Güterzügen zu beseitigen, Engpässe zu beseitigen und die Sicherheit zu erhöhen, meldet China Railway.
• Erhöhung der Zuglast. Entsprechend den Besonderheiten des innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Transports mit den China-Europa-Güterzügen wurden die maximale Zuglänge und die maximale Zuglast der China-Europa-Güterzüge mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h auf 55 Wagen bzw. 3000 Tonnen erhöht.
• Die Betriebszyklen sind stabiler geworden. Die Eisenbahnbehörden haben innovative Inlands- und Auslandsfahrpläne für die China-Europa-Güterzüge eingeführt, die derzeit wöchentlich 17 Züge umfassen.
• Die Gesamtfahrzeit ist im Vergleich zu normalen Güterzügen um mehr als 30 Prozent verkürzt worden, und der durchschnittliche Wert pro Container ist im Vergleich zu normalen China-Europa-Güterzügen um 41 Prozent gestiegen.
• Das Produktangebot ist vielfältiger geworden. Auf der Grundlage der traditionellen Güterzüge für Massengüter und Konsumgüter des täglichen Bedarfs werden nun auch spezielle Güterzüge für internationale Postbeförderung, grenzüberschreitenden E-Commerce, Kühlketten für Lebensmittel und die Beförderung von Kraftfahrzeugen angeboten, um den vielfältigen, individuellen und differenzierten Marktanforderungen der Unternehmen in den Ländern und Regionen entlang der "Belt and Road"-Initiative gerecht zu werden.
• Die Palette der transportierten Güter wird immer umfangreicher. Derzeit umfasst das Transportangebot der China-Europa-Güterzüge 53 Kategorien und mehr als 50.000 verschiedene Güter. Hochwertige Güter wie Automobilteile, Maschinen und Anlagen sowie Elektronik und Elektrogeräte sind mittlerweile die wichtigsten Exportgüter der China-Europa-Güterzüge. Im Jahr 2024 werden diese drei Güterkategorien mehr als 60 Prozent des Transportvolumens ausmachen.
• Die Sicherheitsprobleme beim Transport von neuen Energiefahrzeugen und Lithium-Ionen-Batterien für Verbraucher wurden gelöst, sodass die "drei neuen Produkte" aus chinesischer Fertigung – neue Energiefahrzeuge, Lithium-Ionen-Batterien und Photovoltaikprodukte – mit den China-Europa-Güterzügen in die ganze Welt transportiert werden können.
• Die Kundenzufriedenheit wird kontinuierlich verbessert. In 17 Ländern wurden 131 Container-Rückgabestellen eingerichtet, die den Großteil der ausländischen Knotenpunkte der China-Europa-Güterzüge abdecken und den Kunden die Rückgabe der Container erleichtern.
Ein Kundendienstzentrum für die China-Europa-Güterzugverbindung wurde eingerichtet, ein Portal für die China-Europa-Güterzugverbindung wurde online gestellt und eine umfassende "One-Stop-Serviceplattform" für die Übermittlung von Anforderungen, den Vertragsabschluss, die Abholung und Rückgabe von Containern sowie die Zollabfertigung und Inspektion wurde aufgebaut, um Kunden weltweit Spezialdienstleistungen wie Vollkaskoversicherung, Sendungsverfolgung, elektronische Versiegelung und IoT-Container anzubieten und so den vielfältigen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden, so China Railway.
Transportoptimierung am Beispiel Qingdao
Doch noch einmal zurück zum Ausgangsbahnhof des 110.000. Seidenstraßenzugs, nach Qingdao. Ge Ran, General Manager der Qingdao Branch der China Railway United International Container Co., Ltd. erklärt, wie die Transportorganisation vor Ort kontinuierlich optimiert wird. "Der Hauptbahnhof Qingdao nutzt ein digitales Lagerverwaltungssystem und hat in Zusammenarbeit mit der China Railway Jinan Group Co., Ltd. und der China Railway International Multimodal Transport Co., Ltd. ein gemeinsames Lager eingerichtet, in dem Informationen, Flächen und Netzwerke gemeinsam genutzt werden, um Import- und Exportgüter präzise im Voraus zu sammeln und zu verteilen. Dadurch können sie direkt verladen und entladen werden, was die Transportzeit um etwa zwei bis drei Tage verkürzt", so Ge Ran.
Links
Berichte der ASIA-MEDIA SERVICE Seidenstraßen-Exkursion, April, Mai 2024
110.000 Fahrten: Güterzugdienst zwischen China und Europa macht neue Fortschritte
Video. Insgesamt verkehrten 110.000 Züge der China-Europa-Expresszüge
Durchbruch mit 110.000 Fahrten
Fotos: Insgesamt sind zwischen China und Europa 110.000 Güterzüge gefahren
China: 110.000 Züge! Die China-Europa-Güterzugverbindung schreibt eine neue Legende der "Belt and Road Initiative"
Der 110.000ste Zug fährt ab! Der Frachtwert übersteigt 450 Milliarden US-Dollar!
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
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ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
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