30. Mai 2025
Nukus, der „Louvre in der Wüste“. Der Titel, den manche Kunstzeitschrift der Stadt verliehen haben, stimmt in doppelter Hinsicht nicht ganz. Bei der Anfahrt von Chiwa ist auf Hunderten Kilometern üppiges Grün zu sehen. Intensive Landwirtschaft wird betrieben, stellenweise sogar Reis angebaut. Wasser gibt es anscheinend im Überfluss. Auch in der Stadt sprudelt es aus dicken Rohren in die Grünanlagen und in die Randstreifen der Straßen, in denen unzählige Blumen blühen. Am Aralsee kommt es jedoch nicht mehr an. Touristische Touren werden zu den Schiffsfriedhöfen angeboten, welche jetzt Hunderte Kilometer von den geschrumpften Uferlinien entfernt liegen.
Der Wasserverbrauch rund um den Aralsee hat stark zugenommen. Nukus hat einen autonomen Status und lässt sich, wie auch andere Anrainer des Sees, ungern in seine Nutzungsrechte hineinreden. Hinzu kommt das hohe Bevölkerungswachstum. Die Einwohnerzahl Usbekistans hat sich seit der Unabhängigkeit von der damaligen UdSSR fast verdoppelt.
Nukus ist seit seiner Gründung am 1. April 1932 Hauptstadt der Republik Karakalpakistan und jetzt ein autonomes Gebiet in Turkmenistan. Noch in den 1960er-Jahren war Nukus eine prosperierende Stadt, eine Oase in der Wüste, gelegen am Aralsee und am Fluss Amudarja, der wegen seiner reißenden Strömung den Beinamen „der Tollwütige“ trug. Heute ist der See deutlich geschrumpft, und aus dem Fluss ist ein Rinnsal geworden. An 90 Tagen im Jahr werden Staubstürme beobachtet. Die Stadt macht im Unterschied zu anderen Großstädten Turkmenistans einen eher ungepflegten Eindruck. Selbst in der zentralen Innenstadt bröckelt der ehemalige Glanz vor sich hin.
Und das Sawizki-Karakalpakstan-Kunstmuseum ist kein Louvre mit umfassenden Kunstsammlungen. Es ist benannt nach dessen vormaligem Direktor Igor Witaljewitsch Sawizki, der eine Sammlung von Zehntausenden von Bildern mit viel Sachverstand, Mut und Begeisterung zusammengetragen hat. Sie hat ein Hauptthema: russische Avantgardekunst der 1920er-, 1930er- und 1940er-Jahre. Nach der des Russischen Museums in Sankt Petersburg ist sie die zweitgrößte überhaupt. Und vielleicht die spannendste Sammlung zu diesem Thema auf der ganzen Welt. Hier gibt es viel Neues zu entdecken. Besonders die zentralasiatische Perspektive der Ausstellung ist spannend. Die damals russischen Südrepubliken lockten viele Künstler mit ihrem hellen Licht, den fremden Ornamenten der Bauwerke und bunten Trachten der verschiedenen Völker.
Doch hinter nicht wenigen Künstlernamen stehen auch dramatische Schicksale. Der entfernt gelegene Ort dieser bedeutenden Sammlung ist ein Ergebnis der stalinistischen Kulturpolitik, die unliebsame Künstler und ihre Werke in die Verbannung schickte. Dank der Weitsicht von Sawizki und der untergeordneten geopolitischen Position von Nukus sind die Werke für die interessierte Öffentlichkeit erhalten geblieben.
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Links
Mai 2025. Fotografische Reise durch Nukus und seine Museen
Wikipedia. Kunstmuseum Nukus
Museum im Namen I.V. Savitsky – „Louvre in der Wüste“
Nukus-Museum in Usbekistan: Lysenko, Savitsky und die Bewahrung der sowjetischen Avantgarde
Das unwahrscheinlichste Museum der Welt befindet sich in Usbekistan
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