25. Mai 2025
Die Aufbruchstimmung in der kasachischen Fahrzeugbranche hält an. Anbieter aus China erobern zügig Marktanteile. E-Autos werden populärer, sind aber weiterhin ein Nischenprodukt, berichtet die gtai.
Die Kfz-Industrie in Kasachstan ist auf Expansionskurs. Sie verzeichnet seit mehreren Jahren zweistellige Wachstumsraten. Schwerpunkt der kasachischen Automobilbranche ist die Montage von Pkw. Die hauptsächlich von zwei Akteuren gefertigten Fahrzeuge sind vorrangig für den lokalen Markt mit einer Bevölkerung von gut 20 Millionen Einwohnern bestimmt. Neue Fertigungskapazitäten dürften in den nächsten Jahren in eine verstärkte Exportorientierung der Branche münden. Die Länder in Kasachstans unmittelbarer Nachbarschaft sind die dabei anvisierten Zielmärkte.
Die Automobilproduktion hat sich kontinuierlich zu einer der industriellen Stützen der ansonsten stark von Rohstoffen bestimmten Wirtschaft entwickelt. Der Produktionswert im Fahrzeugbau legte 2023 im Vorjahresvergleich um knapp 37 Prozent zu. Diese Dynamik dürfte sich weiter fortsetzen. Mehrere Projekte zur Montage neuer Pkw-Modelle werden umgesetzt und gehen teilweise bereits 2025 an den Start. Als Reaktion auf Vorgaben, die auf eine stärkere Lokalisierung der Fahrzeugfertigung abzielen, rückt auch der Aufbau einer eigenen Zulieferindustrie in den Fokus.
Montagewerke übernehmen mehr Fertigungsschritte
Die Unternehmen Allur und Astana Motors sind die wichtigsten Akteure. Sie montieren jeweils mehrere Modelle verschiedener ausländischer Marken. Schwerpunkt ihrer Pkw-Fertigung sind die Klein- und Mittelklasse sowie geländegängige Autos. Beide unterhalten zudem jeweils größere Händlernetze für mehrere Marken.
Die Produktpaletten werden regelmäßig den Nachfragetrends angepasst. Für die Absatzbemühungen steht der kasachische Markt klar im Fokus. Exporte fallen bisher noch recht überschaubar aus. Aktuelle Projekte für neue Montagewerke zielen darauf ab, Pkw in größerer Stückzahl auch an Kunden in benachbarten Ländern zu verkaufen.
Aktuell rollen von den kasachischen Montagebändern überwiegend Modelle, die Originalhersteller als fast fertige Semi-Knocked-Down (SKD)-Fahrzeuge anliefern. Bei diesen fehlen in der Regel nur recht wenige Teile, die vor Ort noch einzubauen sind. Gesetzlichen Vorschriften zufolge ist der Lokalisierungsgrad in der Fahrzeugfertigung schrittweise zu erhöhen. Entsprechend wird die Montage immer stärker auf Bausätze mit Completely-Knocked-Down (CKD)-Fahrzeugen beruhen.
Ab 2027 müssen 50 Prozent der Fertigung als CKD-Montage erfolgen
Nach Vorgaben des kasachischen Industrieministeriums sind die Hersteller bei der Fertigung von Pkw zweier oder mehrerer Marken schon jetzt verpflichtet, für mindestens je ein Modell auf CKD-Sätze zurückzugreifen. Das bedeutet auch, dass für diese Modelle zusätzlich zur Komplementierung Schweiß- und Lackierarbeiten anfallen. Produziert das Unternehmen nur eine Fahrzeugmarke, ist die CKD-Methode für mindestens zwei Modelle vorgeschrieben.
Im Jahr 2023 wurden etwa 13.000 Pkw aus CKD-Sätzen montiert - knapp 10 Prozent des Gesamtausstoßes. Ende 2024 soll es bereits jeder fünfte Pkw sein, ab 2027 - so gesetzlich festgeschrieben - mindestens die Hälfte des Outputs.
Um diese Vorgaben zu erfüllen, investieren die Montagewerke in Produktionsanlagen. Den Schwerpunkt bildet Schweiß- und Lackiertechnik mit einem hohen Automatisierungsgrad für den Karosseriebau.
Mit Allur und Astana Motors zwei große Hersteller am Start
Bei Allur, dem Betreiber des landesweit größten Kfz-Montagewerks, sind bereits 70 Prozent der Ausrüstungen für die Montage von CKD-Sätzen ausgelegt. In Kostanai im Norden Kasachstans ermöglichen mehrere Linien die Fertigung von bis zu 120.000 Fahrzeugen pro Jahr.
Das Unternehmen montiert aktuell jeweils mehrere Modelle der Marken JAC, Chevrolet, Kia, Jetour und Lada. Die Chevrolet-Modelle entstehen in Kooperation mit UzAuto Motors aus Usbekistan. Ein aktuelles Investitionsprojekt von Allur sieht vor, die Montage von Modellen des südkoreanischen Partners Kia schrittweise auf bis zu 100.000 Fahrzeuge pro Jahr auszuweiten.
Hauptstandbein der Pkw-Produktion von Astana Motors ist das Werk Hyundai Trans Kazakhstan in Almaty. Es ist auf rund 50.000 Pkw der Marke Hyundai ausgelegt. Ein Ausbau ist im Gespräch.
Darüber hinaus steht Astana Motors in Almaty vor dem Einstieg in die Montage von Fahrzeugen der chinesischen Marken Chery, Haval und Changan. Das noch im Bau befindliche Werk kann 90.000 Pkw pro Jahr fertigen. Davon sollen etwa 60 Prozent an Abnehmer in Nachbarländern Kasachstans gehen.
Bei Astana Motors wurde zuletzt nennenswert investiert, um den inländischen Wertschöpfungsanteil zu steigern. In seinem Hyundai-Werk will der Hersteller 2024 ein Viertel seines Pkw-Ausstoßes mit CKD-Sätzen bestreiten können und ab 2026 die gesamte Fertigung.
Teile und Komponenten aus lokaler Produktion werden wichtiger
Außerdem strebt das Unternehmen an, ab etwa 2026 rund die Hälfte aller benötigten Kfz-Teile und -Komponenten lokal zu beziehen. Einen Großteil davon will Astana Motors in Kooperation mit Firmen aus Südkorea selbst herstellen. Ein Betrieb für ein größeres Spektrum von Kfz-Teilen entsteht in unmittelbarer Nähe der Hyundai-Montage. Die Fertigung von Multimediasystemen, Schmutzfängern und Fußmatten sowie Autositzen wurde bereits gestartet.
Südkoreanische Produzenten von Komponenten sind auch bei der neuen Kia-Montagelinie von Allur bevorzugte Partner. Darüber hinaus ist mit dem Start der Montage chinesischer Pkw-Modelle bei Astana Motors und bei Orbis Kazakhstan, mit dem Markteintritt von Anbietern aus China zu rechnen.
Bei Kfz-Teilen und -Komponenten werden mehrere Vorhaben aktuell umgesetzt oder befinden sich in der Planung. Dabei handelt es sich unter anderem um Auspuffanlagen, Stoßstangen, Felgen, Reifen, Zylinderköpfe oder Batterien.
Mit Hyundai Trans Almaty unterhält Astana Motors zudem eine Fertigung für mehrere Modelle von Nutzfahrzeugen und Bussen der Marke Hyundai. Hinzu kommen Stadt-, Schul- und Überlandbusse der Marke Golden Dragon. Das Werk in Almaty kann jährlich etwa 10.000 Fahrzeuge montieren.
Darüber hinaus betreibt eine Tochterfirma von Orbis Kazakhstan in Astana ein Werk zur Montage leichter Kia-Nutzfahrzeuge. Aktuell werden dort die Kapazitäten von 12.000 auf 20.000 Kfz pro Jahr aufgestockt. Der Ausbau ermöglicht den Einstieg in die Fertigung japanischer Hino-Lkw.
Das Unternehmen SemAZ montiert in Semey Lkw (Kapazität: 10.000 Stück pro Jahr) und Busse (1.200 Stück pro Jahr). Das Produktionsprogramm umfasst Lkw- und Bus-Modelle mehrerer chinesischer Marken sowie Lkw der Marke Hino (Japan).
Bei Daewoo Bus Kazakhstan fertigt SemAZ zudem Busse gemeinsam mit dem koreanischen Hersteller DaewooBus. Busse baut zudem QazTehna in Saran in Kooperation mit Zhengzhou Yutong Group (China).
Absatz legt zu
Mit dem Verkauf von fast 200.000 fabrikneuen Pkw wurde 2023 ein neuer Rekord aufgestellt. Neben der guten Konsumneigung machte sich dabei auch ein Nachholbedarf bemerkbar, der auf besonders stark gestörte Lieferketten im Jahr 2022 zurückging. Auch in den Folgejahren wird mit einem anhaltenden Absatzplus gerechnet. Die Zuwächse dürften aber mit durchschnittlich etwa 10 Prozent pro Jahr geringer als 2023 ausfallen.
Mit Modellen von Hyundai, Chevrolet und Kia dominieren aktuell die drei Marken den kasachischen Markt für Pkw, die auch über die größten Montagekapazitäten in Kasachstan verfügen. Rund 70 Prozent der Verkäufe fabrikneuer Fahrzeuge stammten 2023 aus lokaler Fertigung.
Chinesische Fabrikate erobern den Markt
Aktuell befinden sich Anbieter aus China auf dem Vormarsch. Innerhalb kurzer Zeit konnten sie ihre Marktpräsenz spürbar ausweiten. Mittlerweile ist etwa ein Dutzend chinesischer Pkw-Marken in Kasachstan verfügbar. Der Anteil von Fahrzeugen aus China an den Gesamtverkäufen lag 2023 bereits bei etwa 25 Prozent.
Noch werden chinesische Fabrikate in nur recht überschaubarer Zahl in Kasachstan montiert. Das wird sich aber spätestens ab 2025 ändern. Dann werden in gleich zwei neuen kasachischen Montagewerken Pkw chinesischer Produzenten vom Band laufen.
Quelle und ausführliche Daten: gtai
Nachtrag:
Nach Angaben des Nationalen Statistikamts wurden von Januar bis Juli 2025 134.366 neue und gebrauchte Personenkraftwagen nach Kasachstan importiert. Das sind 59,4 % mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Im Jahr 2025 importierte Kasachstan die meisten Personenkraftwagen aus China, den USA und Japan. Die Top 10 der Automobilzulieferer:
China – 94.606 Einheiten (+247,5 % im Vergleich zu Januar-Juli 2024);
USA – 12.891 (-29,3 %);
Japan – 10.377 (-11,2 %);
Südkorea – 6.411 (-23,9 %);
Russland – 5.912 (+217,9 %);
Deutschland – 1.817 (+23,3 %);
Kanada – 605 (-41,6 %);
Mexiko – 358 (+90,4 %);
Slowakei – 250 (+257,7 %);
Großbritannien – 218 (+79 %).
Es ist zu beachten, dass Kasachstan im Berichtszeitraum nur drei Personenkraftwagen aus Usbekistan importierte. Von Januar bis Juli 2024 gab es keine Lieferungen.
Was die Exporte betrifft, so exportierte Kasachstan von Januar bis Juli 2025 683 Personenkraftwagen. Die meisten Autos wurden nach Kirgisistan (240), Weißrussland (104) und China (100) exportiert.
Quelle: Autoreport
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