Jiangsu
vor 20 Jahren - Rückblick:
Konjunkturlokomotive Jiangsu


(27. April 2025)

Privatunternehmen treiben Wirtschaftsboom / Zahlreiche neue Projekte internationaler Unternehmen / Von Thomas Kiefer

Juni 2004

Die Provinz Jiangsu liegt in der südöstlichen Küstenregion der VR China im Yangze-Delta. Südlich von Jiangsu liegt Shanghai. Die Provinz umfasst eine Fläche von 102.600 Quadratkilometern, was lediglich 1,06 Prozent der Gesamtfläche Chinas entspricht. In Jiangsu leben 74 Millionen Einwohner, was 5,8 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht und Jiangsu zur dichtbesiedelten Provinz Chinas macht.

Durch seine Lage und Geschichte ist Jiangsu eine der am weitesten wirtschaftlich entwickelten Provinzen Chinas. Dort wurden 2003 etwa 10,7 Prozent der Wirtschaftsleistung Chinas erbracht. Das BIP lag bei 1.245,2 Milliarden Yuan (150,5 Milliarden US-Dollar), gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 13,5 Prozent.

Jangsu gilt als Wiege der chinesischen Industrie. Wichtige Wirtschaftszweige sind Maschinenbau, Automobil-, Elektronik-, Chemie-, Textil- und Hüttenindustrie, Baumaterial- sowie Nahrungsmittelproduktion. Der Maschinenbau der Provinz steht an erster Stelle in China.

Jiangsu ist eine wichtige Produktionsbasis für mittlere und kleinere Maschinen und Motoren. Chunlan-Klimaanlagen, Little-Swan-Waschmaschinen, Changzhou- Dieselmotoren und Baosheng-Kabel sind Markenprodukte in China.

In Jiangsu konzentrieren sich auch die wichtigsten petrochemischen Werke Südchinas. Die Textilindustrie ist dort eine traditionelle Branche. Die Automobilindustrie der Provinz entwickelt sich ebenfalls sehr schnell. Die Automobilgruppe Yuejin ist eine der größten Produktionsstätten Chinas für leichte Kraftwagen. Chinas größtes Unternehmen für Personenkraftwagen, die Gruppe Yaxing, kooperiert mit Daimler-Benz und gründete 1997 die Firma Yaxing-Benz. Die Elektronik- und Informatikindustrie sind neuere Wirtschaftsstützen. Elektronikprodukte der Marke Panda waren die ersten, die auf dem internationalen Markt auftauchten.

Ländliche Betriebe in Jiangsu entstanden frühzeitig, besonders in Suzhou, Wuxi und Changzhou. Der von ländlichen Betrieben erzeugte Produktionswert macht mehr als 80 Prozent des gesamten ländlichen Gesamtproduktionswertes aus und mehr als 60 Prozent der industriellen Wirtschaft Jiangsus. Durch diese ländlichen Betriebe und unzähliger kleinen und größeren privaten Unternehmen erhält die Wirtschaft der Provinz eine ungeheure Dynamik und Flexibilität.

Provinzhauptstadt Nanjing

Nanjing, übersetzt die „Südliche Hauptstadt“, liegt westlich von Shanghai. Die Hauptstadt der Provinz Jiangsu hat etwa 5.200.000 Einwohner

Nanjing entwickelte sich zur einen Logistik- und Kommunikationszentrum und Tor zum ostchinesischen Hinterland. Wichtige Industriezweige sind Informationsindustrie, Chemie und Automobilproduktion.

Zwischen Nanjing und Leipzig besteht eine Städtepartnerschaft. In der Stadt haben sich bereits zahlreiche Unternehmen aus Deutschland niedergelassen. Hier unterhält Baden-Württemberg und auch Nordrhein-Westfalen je ein Verbindungsbüro, welche als eine Hauptaufgaben die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen haben.

IT

Der Siemens-Konzern gründete im Mai eine Gesellschaft für Software und Systemprojekte in Nanjing. Dies ist der erste Standort für Softwareentwicklung des Unternehmens in China. Die neu gegründete Gesellschaft soll moderne Software für die Unternehmen der Siemensgruppe entwickeln und das Forschungspotential von Siemens in China verstärken.

Chemie

Die BASF legte im Mai 2004 gemeinsam mit vier Joint-Venture-Partnern aus China und den USA den Grundstein für eine 830 Millionen Euro teure Produktionsanlage zur Herstellung so genannter Isocyanate. BASF ist mit 70 Prozent an der Anlage beteiligt. Es ist die zweitgrößte Investition des Chemiekonzerns in China.

Bereits Mitte 2005 sollen in China alle zehn im Verbund laufenden Chemiekomplexe laufen. Der BASF-Asien-Vorstand Andreas Kreimeyer kündigte an, dass sein Unternehmen mit seinen neuen Chinaprojekten bereits bald schwarze Zahlen schreiben möchte. Nanjing soll jährlich rund 1,7 Millionen Tonnen Chemikalien im Jahr produzieren, die auch in China weitgehend verkauft werden sollen.

BASF beschäftigt in China mehr als 3.000 Mitarbeiter. Diese Zahl wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich verdoppeln. Im Jahre 2003 erwirtschaftete die BASF in China einen Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro.
BP beabsichtigt mit der Sinopec in Nanjing ein Werk für die Produktion von 500.000 Tonnen Essigsäure jährlich zu errichten. Das Werk soll Ende 2006 den Betrieb aufnehmen. Insgesamt möchte BP etwa 1 Milliarde US-Dollar in China investieren.

Automobil

Die frühere Nanjing Auto Works arbeitet jetzt unter dem Namen Yuejin Motor (Group) Corporation. Die Yuejin Motor Group verfügt über eine jährliche Produktionskapazität von 180.000 Fahrzeugen. Sie hat drei Hauptproduktionszweige, die Nanjing Yuejin, Nanjing Iveco und Nanjing Fiat. Produziert werden über 400 verschiedene Modelle von Pkw´s und Nutzfahrzeugen.

Ford sicherte sich Ende 2003 Land in Nanjing, um ein zweites Automobilwerk in China zu errichten. Analysten gehen davon aus, dass ein technologisch fortgeschrittenes Produktionswerk rund 1 Mrd. Dollar kosten könnte.
Betrieben wird das Nanjing-Werk von der Changan Ford Automobile Corp. Ltd., einem Joint Venture mit der Chongqing Changan Automobile Co. Ltd. aus China.
Suzhou

Etwa 80 km westlich von Shanghai liegt im Yangze Delta Suzhou. Die Stadt mit 6 Millionen Einwohnern, genannt Venedig des Ostens“, ist bekannt für seine klassischen Gärten und Bauwerke sowie seine Geschichte von 2.500 Jahren.

Jetzt gehört Suzhou nach einer Wertung des amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek zu einer der zehn modernsten Städte der Welt, die optimal auf das Zeitalter der Informationstechnik vorbereitet ist. Mit 18 Prozent lag das Wirtschaftswachstum 2003 weit über dem Wachstum der boomenden chinesischen Wirtschaft. Das ausländische Investitionsvolumen betrug 2003 etwa 8,3 Milliarden US-Dollar.

Ein duzend Industrieparks stehen für Neuansiedlungen zur Verfügung. Der „Singapure Industrie Park“ bauten hauptsächlich Unternehmen des Stadtstaats zu einer High-Tech-Zone aus. Der Zhangjiang Park ist eine zollfreie Wirtschaftszone.

Insgesamt ließen sich bereits mehr als 12.000 Unternehmen aus dem Ausland in Suzhou nieder. Zu den 200 deutschen Unternehmensansiedlungen gehören Projekte von Bosch, Siemens und Aventis.

Zur Förderung moderner Technologie und Verfahren tragen über 70 wissenschaftliche Einrichtungen mit etwa 300.000 Wissenschaftlern bei.

Wuxi

Wuxi liegt am Taihu, dem größten Binnensee Chinas. Der Bezirk Wuxi hat 4,3 Millionen Einwohner, die Stadt Wuxi etwas über einer Million Einwohner.

Wuxi, profitiert von seiner günstigen Lage am Kaiserkanal, der Autobahn und der Eisenbahnlinie von Shanghai nach Nanjing. In Wuxi siedelten sich bis Mitte 2004 bereits 170 Unternehmen aus Deutschland an.

CSMT Technologies konzentriert sich auf die Produktion von Computer-Chips, die etwa zwei Generationen älter sind als die jüngsten Entwicklungen. Das Unternehmen kann sich damit von der Konkurrenz abgrenzen und durch seine Niedrigkosten-Strategie Gewinne erzielen. Die Nachfrage nach einfachen Chips beispielsweise für Haushaltsgeräte oder Spielzeug, nimmt rasch zu.

Der südkoreanische Chiphersteller Hynix Semiconductor plant den Bau einer Fabrik für 1,5 Milliarden US-Dollar in Wuxi. Nach den Plänen von Hynix sollen in die Fertigungsanlage in Wuxi 300 Millionen Dollar von Hynix aufgebracht werden. Weitere 200 Millionen US-Dollar kommen von einem Drittpartner, was ein weiteres Unternehmen oder ein Bündnis sein kann.

Bosch und die chinesische Wuxi Weifu Gruppe gründeten Ende 2003 ein Unternehmen für die Entwicklung und Fertigung von Dieseleinspritzsystemen, dass bereits 2004 rund 1.500 Mitarbeiter beschäftigen soll. Bis 2008 möchte Bosch dafür rund 270 Millionen Euro investieren..
Bosch ist an dem neuen Unternehmen mit 67 Prozent beteiligt sein, die restlichen 33 Prozent hält Wuxi Weifu.

Taicang

In Taicang befindet sich ein Technologiepark, in dem sich 25 deutsche Unternehmen ansiedelten. Insgesamt investierten diese Firmen dort 120 Millionen US-Dollar.

Baden-Württembergische Unternehmen richteten dort ein Ausbildungszentrum zur Ausbildung von Facharbeitern ein (Deutsches Ausbildungszentrum für Werkzeugmechaniker Taicang – DAWT). Dort qualifizierten die Unternehmen bereits 65 chinesische Facharbeiter, dieses Jahr sollten weitere 17 Auszubildende ihre Ausbildung beenden.

Xuzhou

In Xuzhou führt Baden-Württemberg mit der Provinz Jiangsu das Projekt „Integrierte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung im Regierungsbezirk Xuzhou“ durch. Die Projektkoordination liegt bei der Universität Stuttgart, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung. In der Gemischten Arbeitsgruppe wirken auch Planungsunternehmen aus Baden-Württemberg mit.

Das Projekt zeigte die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines schienengebundenen Nahverkehrssystems von 120 km Länge für Xuzhou auf. Bei der Verkehrsplanung bietet jetzt Baden-Württemberg eine weitere Zusammenarbeit an.

Mit Bochum unterhält Xuzhou seit 1994 eine wirtschaftsbezogene Städtepartnerschaft. Ein Schwerpunkt dieser Kooperation ist der Bereich Bergbau. Thyssen Krupp hält 60 Prozent Anteile an der Xuzhou Rothe Erde Slewing Bearing Co., Ltd.

Partnerschaft Baden-Württemberg - Jiangsu

Baden-Württemberg unterhält seit 20 Jahren eine Partnerschaft mit Jiangsu. Grundlage dafür ist eine Vereinbarung über wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit. Beide Partner treffen sich abwechselnd in Baden-Württemberg und Jiangsu in einem gemischten Arbeitsausschuss, um alle Fragen der Kooperation zu besprechen und die Zusammenarbeit weiterzuentwickeln.

In Nanjing unterhält Baden-Württemberg ein Verbindungsbüro, das auch Unternehmen aus dem Bundesland in China unterstützt.

Schwerpunkte der Beziehungen sind:

1. Unterstützung von Kooperation von Unternehmen
2. Gezielte Industrieansiedlungen von chinesischen Automobilzulieferern in Baden-Württemberg;
3. Kooperationen im Bereich Umwelttechnik.

Hier ist zum Bau einer Kläranlage in Liangyuangang ein Konsortium von Unternehmen aus Baden-Württemberg geplant. Unter Leitung der Siemens AG bewerben sich Unternehmen aus Baden-Württemberg um die Ausrüstung und technische Realisierung des Projekts.

Im Rahmen der „Gesamtplanungen für die Entschließung entlang des Yangtse in Jiangsu“ tauschen beide Seiten Informationen über Umweltprojekte aus, damit Unternehmen aus Baden-Württemberg sich an diesen Projekten beteiligen können.
In Zusammenarbeit mit der Provinz Jiangsu richtete das Institut für Projektplanung Stuttgart ein Umweltüberwachungssystem und führte einer Zertifizierung nach ISO 14000 ein.

4. Auf dem Gebiet des Abfallrecyclings soll zukünftig verstärkt kooperiert werden.
5. Know-How Transfer zu Fragen der Mittelstandsförderung nach Jiangsu.
Dazu informieren sich Delegationen aus Jiangsu in Baden-Württemberg. Anschließend benennt das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg einen Ansprechpartner für Jiangsu für Fragen der Mittelstandsförderung.
6. Fortbildung von hohen Verwaltungsbeamten in Kooperation mit der Universität Heidelberg und der Führungsakademie des Landes.
Die Provinz Jiangsu übernimmt dafür alle entstehenden Kosten. Ein erstes Seminar in Baden-Württemberg mit mindestens 50 halbe Tage Vorlesung ist für etwa 35 chinesische Teilnehmer im Sommer 2004 geplant.
7. Kooperation im Bereich der Beruflichen Bildung.

Die Schwaben möchten ihre Beziehungen zu China und ihrer Partnerprovinz Jiangsu weiter ausbauen. Als ein neuer Bereich sollen Logistikprojekte behandelt werden. Im Juni 2004 findet eine Unternehmerreise für Betriebe aus Baden-Württemberg statt, die auch nach Changzhou führt. Für Unternehmen der Automobilzulieferindustrie ist eine Chinareise im Oktober geplant.

Im Juni eröffnet Ministerpräsident Dr. Döhring ein neues Leitz-Werk in Nanjing.
Die IHK Stuttgart plant im November eine Chinawoche für Unternehmen aus Baden-Württemberg. Dabei stellt sich auch Jiangsu vor.

Partnerschaft Nordrhein-Westfalen - Jiangsu

Mit Nordrhein-Westfalen unterhält Jiangsu seit 1984 eine Partnerschaft über wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit.

Neben Bildung, Kultur, Wissenschaft und Forschung stehen insbesondere die gegenseitigen Wirtschaftskontakte im Mittelpunkt.

Die Provinz Jiangsu unterhält seit 1996 eine Repräsentanz in Düsseldorf. In Nanjing, der Hauptstadt der Partnerprovinz Jiangsu, unterhält das Land NRW seit 1997 ein Kontaktbüro. Hier erhalten Unternehmen Hilfe bei Niederlassungs-, Investitions-, Genehmigungs- und Handelsfragen.

Wichtiger Bestandteil der Zusammenarbeit sind die Stipendienprogramme für junge Fach- und Führungskräfte, die vom Wirtschaftsministerium NRW finanziert werden. Partner auf der chinesischen Seite ist das Department of Foreign Trade & Economic Cooperation der Provinz Jiangsu. Im Auftrag des Wirtschaftsministeriums werden die Programme von InWEnt - Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH, Regionales Zentrum NRW (ehemals Carl Duisberg Gesellschaft e.V.) durchgeführt. Die fachliche Schwerpunkte sind die Bereiche Außenwirtschaft, Maschinenbau und Elektrotechnik. Ziel ist die Qualifizierung von Ingenieuren und Außenhandelsfachleuten im Bereich internationale Unternehmensführung.


ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Delegation der Landesregierung Niedersachsen in China, Juni 2004 © Thomas Kiefer

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