3. Juni 2024
Liu Ruowang beschäftigt sich in seiner Arbeit immer wieder mit der Frage nach dem Ursprung und Zukunft der Menschheit, nach unseren Wurzeln, dem Sinn unsers Daseins und der damit verbundenen, der jeden Einzelnen betreffenden Lebensaufgabe. Seine Werke versinnbildlichen eine Brücke zwischen Geschichte, Urzeit und unserer jetzigen Lebenswirklichkeit.
Liu ist der erste Schwerpunktkünstler der NordArt, denn ab sofort wird Chefkurator Wolfgang Gramm jährlich einen einzelnen Künstler prominent ins Zentrum rücken. Die Werke von Liu sollen die Menschen dazu inspirieren, trotz der oft tragischen Folgen des zivilisatorischen Fortschritts die Schönheit der Welt zu sehen und den Mut für eine bessere, menschliche Zukunft zu bewahren. In einer Zeit voller Krankheiten, Kriege, Naturkatastrophen und Hungersnöte hofft der Liu, dass alle Menschen so stark sind wie sein wilder, riesiger Hase. Das sie klug, beweglich und wachsam sind, um in einer rauen Umgebung zu überleben und menschlich zu sein.
Liu bleibt auch seiner Vorliebe für Tiere und XXL-Format treu und hat per Container einen sechs Meter hohen Hasen bei der NordArt in Büdelsdorf angeliefert. Die samtige, rötliche Textur des Cortenstahls lässt den Hasen überraschend weich und zart erscheinen, zugleich wirkt das Tier wachsam und kraftvoll.
Die samtige, rötliche Textur des Stahls ähnelt dem Fell des Hasen, das sich deutlich von den auffallend hellen Augen abhebt. Der meisterhafte Umgang des Künstlers mit dem Material bringt einen realistischen Ausdruck hervor. Die gewaltige Skulptur lässt gleichzeitig den Menschen, den Betrachter winzig klein erscheinen.
Seine Installation mit über hundert Wölfen und einem furchteinflößenden Krieger bot die Kulisse für die NordArt Review. Hier ist deutlich die Atmosphäre der Ausstellung als Gesamtkunstwerk zu spüren. Die Hallen zeigen mit den funktionalen Elementen ihrer ursprünglichen Verwendung, denn die Stahlträger, Betonpfeiler, Schalttafeln, Steuerungsanlagen und Sicherungskästen interagieren trefflich mit den Skulpturen, Installationen und Gemälden.
Bereits 2022“ Liu NordArt-Preisträger und zeigt damals seinen riesigen Mr. Pinocchio in Minitaturform in einer Galerie weiterer Skulpturen. Klassische chinesische Metallskulpturen treffen jetzt in einer langen Skulpturengalerie auf den jetzt geschrumpften Lügenbold.
Draußen im Skulpturenpark begegnen wir wieder Lius gewaltigen Skulpturen: Seine Installation „Erbsünde“ besteht aus 36 kupfernen, 3,5 Meter hohe Affenmenschen. Wie die Wölfe unterscheiden sie sich erst auf den zweiten Blick voneinander – und erinnern damit an die Terrakotta-Krieger aus der Grabanlage des ersten chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi.
Überhaupt beschwören die hohlen Affenwesen allerlei Assoziationen herauf, vom Golem bis zum Neandertaler, von Adam bis zum Klonkrieger. Die Kreaturen scheinen indes recht friedlich zu sein, mit einem Angriff ist hier wohl nicht zu rechnen.
Der Mensch ist ein Lebewesen wie die Tiere, wir sind Teil der Natur und auf ein ökologisches Gleichgewicht angewiesen. Die metaphorischen Tiere in seinen Gemälden bilden eher ein Profil der Menschheit als ein Dilemma der Tiere ab. Ein Panda, der in einen Waldbrand gerät, ein genusssüchtiges Schwein, das sich seinem Vergnügen hingibt, und ein anderes, das kurz davor ist, seinen schnellen Erfolg zu verspielen, veranschaulich auch das Wesen der Kreatur Mensch.
Seine Kunst sehnt sich nach einer Welt der Liebe und des Friedens. Auch wenn seine Werke durch das Jahrtausend alte chinesische Kunst geprägt sind, sollen sie ausdrücken, dass wir nur eine Welt haben und eine gemeinsame Kultur schaffen müssen.
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Liu Ruowang
ASIA MEDIA SERVICE, Dr. Thomas Kiefer
Foto: Ulf Ludzuweit
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